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Politik: Für Lafontaine ist die SPD neoliberal

Gysi fordert auf Wahlparteitag Solidarität mit dem Ex-Parteichef – Linkspartei fällt in Umfragen zurück

Berlin Die Spitzenkandidaten der Linkspartei, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, haben den „neoliberalen Irrweg“ der Regierung von Gerhard Schröder verantwortlich gemacht für die von ihnen geplante „Erneuerung der politischen Linken“ in Deutschland. Auf dem Bundesparteitag in Berlin, der das Programm für die Bundestagswahl billigte, sagte Lafontaine in Anspielung auf SPD und Grüne: „Jeder kann sich links nennen“, der Begriff sei „ja nicht geschützt“. Doch hätten die Grünen und „leider“ auch die Sozialdemokraten in den vergangenen sieben Jahren keine linke Politik gemacht, sondern eine „Mitte-Rechts-Regierung“ gestellt. Gysi betonte, Lafontaine, der zum ersten Mal auf einem Bundesparteitag der PDS auftrat, sei „kein Verräter. Er ist sich treu geblieben“. Die SPD habe aufgehört, sozialdemokratisch zu sein.

Bei der Abstimmung über die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn erlitt die Parteispitze eine Niederlage. Sie hatte – auch auf Druck von Lafontaine – ihre Forderung nach 1400 Euro brutto auf 1000 Euro netto korrigiert. Die große Mehrheit der 418 Delegierten aber setzte die alte Forderung durch.

Lafontaine, der vom Parteitag begeistert gefeiert wurde, wehrte sich gegen Kritik an seiner Person. Auch in der PDS war heftig über seine Warnung vor Billiglohn- Konkurrenz durch „Fremdarbeiter“ diskutiert worden. Er lasse sich nicht mit rechtsradikalem Gedankengut in Verbindung bringen, sagte der frühere SPD-Chef: „Ich bin demokratischer Sozialist, ich bin Internationalist. Ich lasse mir von niemandem meine Ehre beschneiden.“ Ausdrücklich lobte er, dass Rot-Grün Deutschland nicht am Irakkrieg beteiligt habe. Zugleich aber forderte er den Abzug der US- Truppen, die auch von deutschen Flughäfen zu Irak-Einsätzen gestartet seien. „Wir sind nach wie vor kein souveränes Land“, sagte Lafontaine, Deutschland müsse das „endlich“ werden. Gysi verteidigte Lafontaine gegen Vorwürfe, einen Privatjet für die Anreise zum Termin einer Boulevardzeitung gefordert zu haben. Er sprach von einer „Medienkampagne“. „Es ist unsere Pflicht, Solidarität gegenüber Lafontaine zu beweisen“, sagte Gysi.

Nach Einschätzung von Meinungsforschern könnte die Debatte der Linkspartei noch sehr schaden. Bei der so genannten Sonntagsfrage fiel sie in einer N24-Emnid-Erhebung um einen Punkt auf zehn Prozent. Emnid-Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner sagte: „Wenn die Diskussion um Lafontaine als Luxus-Linken weitergeht und seine Glaubwürdigkeit als Anwalt der kleinen Leute untergräbt, kann die Linkspartei unter sieben Prozent fallen.“

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