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Politik: Furcht vor Antisemitismus

Kritik an Meinungsumfrage, in der Israel als Aggressor dasteht

Berlin (hmt/jdö). Die Bundesregierung zweifelt offenbar an der Aussagekraft einer europaweiten Umfrage, nach der die Mehrheit der EUBürger Israel als Gefahr für den Weltfrieden einschätzt. Die EU-Präsidentschaft und die EU-Kommission hätten mit ihrer Distanzierung von der Umfrage das Nötige gesagt, hieß es am Dienstag in Berliner Regierungskreisen. EU-Spitzenpolitiker hatten mit Entsetzen auf die Ergebnisse der Umfrage reagiert. Aus einer Liste von zwölf Ländern hatten 59 Prozent der befragten Europäer und 65 Prozent der befragten Deutschen Israel vor allen Alternativen als den aggressivsten Staat benannt. EU-Ratspräsident Silvio Berlusconi zeigte sich in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon empört über den Vorgang und erklärte, die Ergebnisse seien auf eine „irreführende Fragestellung“ zurückzuführen.

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger, ist beunruhigt: „Wenn damit gemeint sein sollte, dass Israel den Weltfrieden bedroht, wäre das eine traurige Verkennung der Tatsachen“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. Dass Israel als Risikofaktor vor Nordkorea, Irak und dem Iran rangiere, sei „geradezu absurd“. Angesichts der Fehlwahrnehmung müssten sich Politiker und Medien in Deutschland fragen, ob sie nicht mehr aufklären müssten. Kritik an Israels Politik sei gleichwohl legitim.

Dagegen verteidigte Pflügers Vorgänger Karl Lamers die in der Umfrage dokumentierte Haltung. „Die Menschen haben dieselbe Sorge zum Ausdruck gebracht, die auch der israelische Generalstabschef Mosche Jaalon formuliert hat, dass nämlich das Vorgehen in den besetzten Gebieten den Hass schürt und die Gefahr des Terrorismus erhöht“, sagte er dem Tagesspiegel. Gleichwohl hält auch Lamers die in der Umfrage dokumentierte Entwicklung für „Besorgnis erregend“. „Die Politik muss aufpassen und handeln, damit aus Kritik an der Politik der israelischen Regierung nicht Antisemitimus entsteht“, sagte Lamers.

Das Meinungsforschungsinstitut Emnid, das die Befragung in Deutschland vorgenommen hatte, wies indes Vorwürfe wegen methodischer Mängel zurück. „Die Frage ist allgemein gehalten, das Ergebnis aber unbedingt repräsentativ“, sagte Projektleiter Jörg Erren dem Tagesspiegel. Er räumte aber ein, dass nur nach friedensbedrohenden Staaten gefragt worden sei. Die palästinensische Autonomiebehörde sei nicht genannt worden.

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