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Fusionspläne: Nordkirche: Zustimmung zu Zusammenschluss ungewiss

Geht es nach den Kirchenoberen, soll am Samstag auf drei parallel tagenden Synoden grünes Licht für eine evangelisch-lutherische Nordkirche gegeben werden - die erste Fusion, die West- und Ostkirchen zusammenführt.

Das neue Gebilde wäre mit 2,4 Millionen Mitgliedern bundesweit die fünftgrößte Landeskirche. Doch bei einer nötigen Zwedrittelmehrheit gilt die Zustimmung als unsicher. Seit Wochen werden um die geplante Fusion der derzeitigen Landeskirchen von Nordelbien, Mecklenburg und Pommern hitzige Debatten geführt. Vielerorts fühlt sich die Basis nicht mitgenommen. In Nordelbien liegt ein Antrag vor, den Prozess erneut zu vertagen.

Bereits im Sommer 2008 wollte man über den Zusammenschluss abstimmen, doch wegen noch vorhandenem Diskussionsbedarf wurde die Entscheidung verschoben. Mittlerweile liegt ein von den jeweiligen Kirchenleitungen ausgehandelter Fusionsvertrag auf dem Tisch, der auch den Sitz von Kirchenverwaltung und Bischof regelt. Genau diese seit 5. Februar unterzeichnete Beschlussvorlage für die Synodalen hat vor der nun anstehenden Verabschiedung neuen Wirbel und etliche Offene Briefe ausgelöst. Demnach soll in Kiel das Kirchenamt platziert werden, in Schwerin der Bischofssitz. In fast allen Vorgesprächen wurde bis dato dafür immer Lübeck genannt. Dies wünschte sich auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Sein Amtskollege aus Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), favorisierte dagegen Schwerin. Sprengel-Bischöfe sind für Schleswig, Hamburg und Greifswald vorgesehen.

Das Zusammengehen ist aus finanziellen Erwägungen ins Auge gefasst worden - quasi eine Überlebensfrage. Standortgesichtspunkte könnten die angestrebte Fusion nun aber noch scheitern lassen. Der Präses des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands, Bischof Wolfgang Huber, appelliert, den Vertrag zu billigen und die jeweilige Entscheidung nicht von "Ängstlichkeit oder Kleinmut" leiten zu lassen. 20 Jahre nach dem Mauerfall spricht er von einer Reformchance für den Protestantismus.

Gilt die Zustimmung von der pommerschen Sitzung aus Züssow als gewiss, so ist nach anfänglicher Kritik wohl auch mit einem Ja aus Plau am See seitens der Landeskirche Mecklenburgs zu rechnen. Dort stört man sich vor allem daran, dass in einer künftigen Nordkirchen-Synode Mecklenburg nur noch elf von insgesamt 156 Stimmen zugestanden werden. Viele kleine Kirchen fürchten zudem ihre Schließung. Der anvisierte Bischofssitz in Schwerin dürfte bisher formulierten Unmut jedoch verstummen lassen.

Bleibt allein fraglich das Abstimmungsverhalten des Kirchenparlaments aus Schleswig-Holstein und Hamburg, das in Rendsburg zusammensitzt. Die Pastorenschaft Nordelbiens lehnt die Fusion als "von betriebswirtschaftlichen Motiven" geleitetes "Modell von oben" ab. Die Mitarbeitervertretung der nordelbischen Kirche hat ebenfalls ihr Veto ausgesprochen. Sie ist dagegen, weil es bis 2018 noch keine gleichen Tarife geben soll. Als bittere Pille in den Kirchenkreisen und -gemeinden wird empfunden, dass vom bisherigen Budget 4,9 Prozent gekappt werden sollen, die dann als Solidaritätsbeitrag in die Ostregion fließen. Damit Lübeck nicht leer ausgeht, wird hinter den Kulissen bereits mit dem Ziel verhandelt, dass die Stadt künftig Synodentagungsort wird. Ob das den artikulierten Protest eindämmt, bleibt abzuwarten. Bischof Gerhard Ulrich (Schleswig) spricht jedenfalls von einer "Tagung mit historischer Bedeutung".

Die Synode kann nur mit Ja oder Nein stimmen. Eine Änderung des Vertragstextes ist nicht möglich. Verweigert nur eine Synode die Zustimmung, ist die Fusion geplatzt. "Für die Situation gibt es keinen Plan B", so Nordelbien-Sprecher Mathias Benckert. Folge dürfte dann aber ein Ausbau von Kooperationen untereinander sein. Fast geräuschlos fusionieren unterdessen diverse Kirchenkreise. Nordelbien zählt aktuell 2,1 Millionen Mitglieder, Mecklenburg 209.000 und Pommern 103.000.

Dieter Hanisch

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