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Politik: Fußballimporte: "Sklavenhandel" mit jungen Kickern

An den Darbietungen des heute 17-jährigen "Wunderkindes" aus Brasilien können sich die Fans des niederländischen Erstligisten Feyenoord Rotterdam bereits seit sechs Jahren ergötzen. Elf Jahre war Leonardo de Vitar Santiago alt, als die Feyenoord-Späher den Nachwuchskicker in dessen Heimatstadt Rio de Janeiro zur Übersiedlung in die Maas-Metropole überredeten.

An den Darbietungen des heute 17-jährigen "Wunderkindes" aus Brasilien können sich die Fans des niederländischen Erstligisten Feyenoord Rotterdam bereits seit sechs Jahren ergötzen. Elf Jahre war Leonardo de Vitar Santiago alt, als die Feyenoord-Späher den Nachwuchskicker in dessen Heimatstadt Rio de Janeiro zur Übersiedlung in die Maas-Metropole überredeten. Zweifel hätten ihn damals nicht geplagt, beteuert Leonardo heute: "In den Niederlanden sind die Lebensbedingungen besser", sagt er. "Ich konnte hier das Geld verdienen, um meiner Mutter in Rio ein Haus zu kaufen."

Schon seit Jahren gehört der Handel mit minderjährigen Fußballtalenten europaweit zum ganz normalen Alltag. Dubiose Spielervermittler, aber auch lizenzierte Fußballermakler bieten den Clubs ihre gewinnverheißende "Ware" aus Übersee gleich im Dutzend an. Anton van Kalmhout, Professor für Ausländerrecht an der Universität Tilburg, fühlt sich beim Geschäft der Fußballmakler gar an den Menschenschmuggel von Schlepperbanden und den "Sklavenhandel" früherer Jahrhunderte erinnert. Wenn wie in den Niederlanden relativ strenge Ausländergesetze die Verpflichtung von kickenden Kindern aus Nicht-EU-Staaten erschweren, lassen sich selbst renommierte Vereine nur allzu bereitwillig durch deren "Berater" mit europäischen Pässen von zweifelhafter Echtheit versorgen. Nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Italien verfügen die Fußballimporte aus Südamerika auffallend oft über eine brasilianisch-portugiesische Doppelstaatsbürgerschaft. "Malafide" Makler und Clubs würden sich geltende nationale und EU-Gesetze in aller Offenheit "an den Hut stecken", ärgert sich der christdemokratische Parlamentarier Joop Atama im Gespräch mit dem Tagesspiegel über die "kriminellen Praktiken": "Gemeinsam mit den Fußballverbänden müssen wir das Übel an der Wurzel packen und dafür sorgen, dass bestehende Regeln auch befolgt werden."

Wie Christdemokrat Atama hat sich vergangene Woche eine Mehrheit seiner Kollegen im niederländischen Parlament für rasche Maßnahmen zur Eindämmung des ausufernden Kinderhandels im internationalen Profifußball ausgesprochen. Die nationalen und internationalen Fußballverbände müssten viel strikter als bisher ihre Makler-Lizenzen vergeben, auch die Vereine dubiosen Vermittlern resolut den Marktzugang verwehren, so Atama. Natürlich mache eine verschärfte Gesetzgebung nur bei internationaler Koordination Sinn: "Ich hoffe, dass Schweden während seiner EU-Präsidentschaft in den nächsten Monaten geeignete Vorschläge zur praktischen Lösung dieses Problems unterbreitet."

Thomas Roser

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