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G-20 in Pittsburgh: Merkels Sorge vor dem Klima-Flop

Der Pittsburgh-Gipfel konnte einen Erfolg vermelden: Die G-20-Runde wird zur steten Einrichtung. Die schlechte Nachricht: Der Klimaschutz tritt politisch auf der Stelle.

Pittsburgh

Die Kanzlerin und ihr Finanzminister lachten und witzelten. Als hätten sie die Bundestagswahl schon gewonnen und dürften weiter miteinander regieren, sagte Angela Merkel gutgelaunt: "Wir haben viel geschafft, weit mehr, als ich vor ein paar Monaten noch für möglich gehalten hätte."

Sie parlierten am Donnerstagabend nicht am Kabinettstisch in Berlin, sondern in einer Hotelsuite in der ehemaligen Stahl- und Kohlestadt Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania. Und die Rede war nicht von den Verdiensten der großen Koalition, jedenfalls nicht in erster Linie. Sondern von den Errungenschaften des G-20-Gipfels, des dritten seiner Art.

Die gute Nachricht zuerst, Pittsburgh war im Großen und Ganzen ein Erfolg. Kaum hatten sich die Mächtigen getroffen, meldete das Wall Street Journal schon die Sensation: Versuch geglückt, der Gipfel wird ab sofort zur steten Einrichtung. Die Regierungschefs und Staatsoberhäupter aus 20 Nationen von A wie Argentinien über C wie China und S wie Südafrika bis U wie USA werden künftig immer parallel zum G-8-Treffen tagen. Das haben sie einmütig entschieden.

Merkel zeigte sich optimistisch darüber, was sonst noch in Pittsburgh erreicht werde: Eine neue Architektur für die Finanzmärkte, die Banken und andere Geldinstitute verpflichtet, Kapitalrücklagen zu bilden. Dazu ein Regelwerk für Bonuszahlungen an Manager; sie sollen künftig nicht mehr für mehrere Jahre garantiert werden, sondern sich am Erfolg der Arbeit und des Unternehmens orientieren.

Geeinigt hat man sich auf die Entwicklung von Insolvenzrichtlinien für große Finanzkonzerne, die aus gesamtwirtschaftlichen Gründen nicht einfach über Nacht Pleite gehen dürfen. In den vergangenen Monaten musste der Staat sie mit gewaltigen Geldspritzen am Leben erhalten. In Zukunft will man mit dem Geld der Steuerzahler behutsamer umgehen.

Die Zusammenarbeit mit Indern und Chinesen, mit Südkoreanern und Indonesiern sei inzwischen "irgendwie ganz normal", sagte Merkel, ähnlich wie zwischen den Staaten der EU. "Prima Klima!"

Und jetzt die schlechte Nachricht: Prima ist das Klima nur drinnen in den Tagungsräumen, aber nicht draußen. Die Temperatur steigt, die Pole schmelzen. Beim Klimaschutz tritt man derzeit politisch auf der Stelle. Weil die Chinesen darüber nicht auf dem G-20-Gipfel, sondern nur in der Uno reden wollen. Weil Amerikas Präsident in seiner Partei und im Kongress auf großen Widerstand gegen sein Klimagesetz stößt.

Barack Obama sind die Hände gebunden. Mehr als die haarige Gesundheitsreform kann er dem Kongress und sich im Augenblick nicht zumuten. Das wird bereits in seiner Umweltrede vor den Vereinten Nationen am Anfang der Woche deutlich. Obama mahnte alle zu großen Anstrengungen und malt Schreckensbilder von Sintfluten und großen Dürren. Zugleich aber vermied der Meister der schönen Worte und des Ungefähren jede konkrete Verpflichtung, jede konkrete Zahl.

Weder erwähnte er das Ziel, bis 2050 die Treibhausgase um 80 Prozent zu senken. Noch versprach er, alles in seiner Macht stehende dafür zu tun, damit bis Ende dieses Jahrhunderts die durchschnittliche Temperatur nicht um mehr als maximal 2 Grad Celsius steigt.

Alle Welt weiß, wenn die Amerikaner, die nur vier Prozent der Weltbevölkerung stellen, aber 40 Prozent des Kohlendioxids in die Luft stoßen, sich nicht auf konkrete Ziele verpflichten, dann werden sich Chinesen, Inder und viele andere ebenso zurückhalten.

Die Bundeskanzlerin ist darüber sichtlich enttäuscht und schraubt die Erwartungen nach unten. Sie ahnt: die Klimakonferenz von Kopenhagen im Dezember wird wahrscheinlich ein Flop – auch wenn alle mit blumigen Worten und wohlklingenden diplomatischen Floskeln versuchen werden, die Niederlage in einen Erfolg umzudichten.

Quelle: ZEIT ONLINE

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