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G-8-Demonstrationen: Merkel will reden

Nach der massiven Kritik am Protestverbot rund um den G-8-Gipfel in Heiligendamm sollen nun Nicht-Regierungsorganisationen stärker eingebunden werden. Die Regierung suche das Gespräch mit den Kritikern, so deren Sprecher.

Berlin - Trotz teilweise gewaltsamer Proteste von Globalisierungskritikern gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Recht auf Demonstrationen auch am Tagungsort unterstrichen. "Die Kanzlerin legt Wert darauf, dass friedlich demonstriert werden kann", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. "Das Recht, friedlich zu demonstrieren, ist ein hohes Gut, das von der Bundesregierung selbstverständlich geschützt wird."

Zwei Wochen vor dem Gipfel am 6. und 7. Juni gab es weitere Brandanschläge vermutlich aus Protest gegen das Treffen der führenden Industrienationen. In der Nacht zum Mittwoch gingen in Berlin zwei Personenwagen in Flammen auf. Die Polizei geht von einem Zusammenhang mit den G8-Protesten aus. In Hamburg bekannten sich militante Linksextremisten zum Brandanschlag auf das Auto des "Bild"-Chefredakteurs Kai Diekmann.

NGO-Vertreter sollen Zugang zum Pressezentrum erhalten

Wilhelm wies in Berlin darauf hin, dass die Bundesregierung den Dialog mit den Globalisierungskritikern suche. Nach Angaben aus Regierungskreisen soll auch Repräsentanten der Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) während des Gipfels der Zugang zum Pressezentrum in Kühlungsborn ermöglicht werden. Die Polizei hat im 200-Meter-Raum entlang eines Zauns rund um den Tagungsort ein Demonstrationsverbot erlassen. In einem fünf bis zehn Kilometer breiten Streifen davor sind alle unangemeldeten Proteste untersagt.

Amnesty International rückte die deutschen Sicherheitsvorkehrungen in die Nähe des G8-Gipfels in Genua 2001, bei dem ein Demonstrant ums Leben kam. Mit Blick auf Reiseverbote für Globalisierungskritiker sagte die Generalsekretärin der deutschen AI-Sektion, Barbara Lochbihler: "Das Demonstrationsrecht ist ein sehr wichtiges Menschenrecht. Und wir sehen mit großer Sorge, wenn hier pauschal gegen Gegner vorgegangen wird." Sie forderte von der Bundesregierung eine "deeskalierende und besonnene Politik".

Auch der Evangelische Entwicklungsdienst (EEG) kritisierte die Versammlungsverbote: "Wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit, wenn wir in anderen Ländern gute Regierungsführung, Demokratie und Menschenrechte einfordern, aber in unserem eigenen Land so verächtlich mit einem der vornehmsten demokratischen Freiheitsrechte, der Versammlungsfreiheit, umgegangen wird", sagte der EED-Vorstandsvorsitzende Konrad von Bonin in Bonn.

NPD-Aufmarsch in Schwerin geplant

Globalisierungskritiker planen für den 2. Juni in Rostock eine Demonstration gegen das Spitzentreffen. Erwartet werden bis zu 100.000 Teilnehmer. In Schwerin ist zugleich ein Aufmarsch der NPD angekündigt, zu dem es drei Gegendemonstrationen mit tausenden Teilnehmern geben soll. Allein dafür wurden bis zu 4000 Polizisten angefordert.

Das Bekennerschreiben zum Anschlag auf das Auto des "Bild"-Chefs ist unterschrieben mit "Militante Kampagne kämpft für Sie". Darin wird der Zeitung unter anderem vorgeworfen, mit ihrer "Meinungsmacht" eine "bedeutende Säule für den Erhalt des kapitalistischen Systems in der BRD" zu sein.

Allein in Berlin wurden seit Jahresbeginn 49 Brandanschläge auf Autos verübt, sagte ein Polizeisprecher. Nach Informationen der "Welt" wurden bundesweit rund 200 Straftaten von Globalisierungsgegnern registriert. Dabei sei insgesamt ein Schaden von rund drei Millionen Euro entstanden, meldet die Zeitung unter Berufung auf Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA). (tso/dpa)

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