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Gute Stimmung beim G20- Familienfoto.

© AFP/Tobias Schwarz

G20-Treffen in Hamburg: Warum bindende Beschlüsse auf dem Gipfel schädlich wären

Nora Müller, Bereichsleiterin Internationale Politik der Körber-Stiftung, erklärt die besonderen Schwierigkeiten dieses G20-Gipfels.

Von Til Knipper

Frau Müller, die Beschlüsse des G-20-Gipfels sind nicht bindend. Warum also die Aufregung?

Es stimmt, bei den vielen kontroversen Fragen, die in Hamburg auf dem Tisch liegen, ist kein verbindlicher Durchbruch zu erwarten. Aber das ist auch nicht die eigentliche Intention dieser Gipfel. Es sollte nicht unterschätzt werden, wie wichtig es ist, dass so viele unterschiedliche Führungskräfte wie Trump, Merkel oder Erdogan zwei Tage intensiv auf engstem Raum miteinander diskutieren.

In unserer Auffassung von internationaler Politik denken wir oft in institutionellen Kategorien, doch persönliche Beziehungen spielen gerade in extrem angespannten Zeiten wie diesen eine fundamentale Rolle. Deswegen kommt es weniger auf die Beschlüsse an, sondern viel eher darauf, dass sich zwischen den Regierenden dieser Welt eine gewisse Chemie entwickelt.

Was haben die G-20-Gipfel bisher erreicht?

Es ist gut, dass es gelingt, 20 Staatenlenker an einen Tisch zu bekommen. Das allein ist schon eine Errungenschaft. Die G20 als Format entstand ursprünglich, um finanzpolitische Themen zu diskutieren. Um eine Weltfinanzordnung zu schaffen, ist sicherlich noch ein weiter Weg zu gehen. Gerade im Nachgang zur Finanzkrise 2008 ist es jedoch gelungen, konkreten Fortschritt im Kontext der G20 zu erzielen, indem Regelungen bezüglich der Weltwirtschaftsordnung getroffen und dann auch umgesetzt wurden. Nun werden jedoch nicht nur wirtschaftliche Themen behandelt, sondern die Gespräche reichen mittlerweile viel weiter, bis hin zu Migration oder Klimaschutz.

Der Gipfel ist enorm groß.

Seine Größe ist eine Chance, weil sie ihm ein gewisses Gewicht verleiht und einen Großteil der Weltwirtschaft sowie der Bevölkerung hinter sich vereint. Doch letztendlich ist dieses Forum auch extrem heterogen, was Beschlüsse erschwert. Der saudische König und der chinesische Präsident sitzen mit westlichen Demokratien an einem Tisch. Durch die jetzige Dissonanz im transatlantischen Verhältnis ist es wichtig, dass sich europäische Staaten auch nach anderen Partnern außerhalb des transatlantischen Orbits umsehen, mit denen sie in wichtigen Bereichen wie zum Beispiel dem Klimaschutz kooperieren können. Die Herausforderung dabei ist ein Balanceakt zwischen Dialog und der Verteidigung der eigenen Werte.

Sind G-7-Gipfel im Vergleich zu G20 effektiver?

Im Moment ist auch die G7 ein sehr schwieriges Format, was jedoch vor allem mit der Selbstisolation von Trump zusammenhängt. Diese Veränderung erschwert die Entscheidungsfindung ungemein. In der Vergangenheit war es bisher einfacher zu einem Konsens zu kommen, zumal G7 die westlichen Industriestaaten vereint, die mehr oder weniger ähnliche Werte vertreten. Doch durch Trumps Alleingang bezüglich Schlüsselthemen wie Klima ist G7 nun auch nicht mehr das effektivere Forum von beiden.

Müssten die G20 nicht bindende Beschlüsse fassen können, um effektiver zu sein?

Es wäre falsch, die G20 zu einer zweiten UN machen zu wollen. Die Strukturen in den Vereinten Nationen sollten nicht durch ein Nebenformat geschwächt werden. Beim G20 geht es um informelle Politik, um den Aufbau von Vertrauen – in diesen Zeiten ein seltenes Gut. Die G20 sollten so bleiben, wie sie sind, mit all ihren Begrenzungen.

Das Gespräch führte Antonia Zimmermann.

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