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G8-Gipfel: "Gefährliche Mischung von Gewalttätern"

Die deutschen Geheimdienste sehen in den Krawallen in Kopenhagen nur den Auftakt für Attacken auf den G8-Gipfel in Heiligendamm. Rechtsextreme wollen sich den Autonomen in einer "Querfrontstrategie" anschließen.

Heiligendamm/Berlin - An den Ausschreitungen in Dänemark waren nach Angaben der Polizei auch zahlreiche "führende Autonome" aus Deutschland beteiligt. Anlass für die Straßenschlachten war die Räumung eines von Anarchisten besetzten Jugendzentrums in der dänischen Hauptstadt. Bei den Auseinandersetzungen hätten die deutschen Autonomen für ihre gewalttätigen Auftritte in Heiligendamm bereits "geübt", war aus Sicherheitskreisen in Berlin zu erfahren. In dem Ostseebad treffen sich vom 6. bis zum 8. Juni die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands.

"Für Heiligendamm braut sich eine gefährliche Mischung von Gewalttätern zusammen", war aus Kreisen des Bundesverfassungsschutzes zu hören. Es wird befürchtet, dass sich im "Schlepptau" der Autonomen der linken Szene auch Rechtsextremisten und Islamisten befinden könnten. Schon im Vorfeld des Gipfels wird mit Anschlägen vorwiegend im norddeutschen Raum, in Hamburg und in Berlin gerechnet. Bislang hat es bereits 16 gefährliche Attacken auf Politiker und Brandanschläge auf Gebäude sowie Autos gegeben. Die Verfassungsschützer rechnen mit einer "großen Zahl weiterer Anschläge, bevor das Gipfeltreffen überhaupt beginnt".

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, wies darauf hin, dass auf Internet-Seiten der Anti-G8-Aktivisten seit geraumer Zeit über illegale Aktionsformen diskutiert wird. Gefährdet sei alles, was einen Bezug zur Globalisierung habe, internationale Konzerne und staatliche Institutionen. In einschlägigen Gesprächsforen tauschen Rechtsextreme aus dem Umfeld der gewaltbereiten und neonazistischen "Freien Kameradschaften" ihre Gedanken aus, wie sie sich "gegen die G8-Gipfel-Teilnehnehmer engagieren können".

Neonazis machen mobil

Unter der Parole "G8 2007 rocken" rufen sie zu Protesten auf. Die Neonazis wollen sich in die geplanten Ausschreitungen der Autonomen einreihen. "Wir haben mit den Linken das gemeinsame Ziel, den G8-Gipfel zu zerschlagen", heißt es in einem rechtsextremen Internet-Forum. Es ist von einer "Querfrontstrategie" die Rede.

Nach Einschätzung des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz und Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD) ist die Sicherheit während der G8-Zusammenkunft stärker gefährdet als bei der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr. Es sei damit zu rechnen, dass zur Konferenz in Heiligendamm eine "Vielzahl an Störern" anreist. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, sieht auch die Gefahr terroristischer Anschläge. "Das ist ein Ereignis, das für islamistische Extremisten interessant sein könnte", ließ Ziercke wissen. Die Polizei bereitet sich in Heiligendamm auf den größten Einsatz vor, den Deutschland je erlebt hat. 10.000 Polizisten sollen aufgeboten werden. Es werden 100.000 Demonstranten erwartet.

Festung Ostseebad

Das Ostseebad wird zu einer Art Festung ausgebaut. Für 12,5 Millionen Euro wird derzeit ein 15 Kilometer langer Zaun mit einer Höhe von 2,50 Metern im weiten Bogen um Heiligendamm errichtet. Er soll im Mai fertig sein. Zusätzlich wird die Sperranlage durch Videokameras und Bewegungsmelder gesichert. Das komplexe System soll nach Angaben der Polizei ein Eindringen von Demonstranten in das Tagungshotel "unmöglich machen". Von See her will die Bundeswehr mit einer Fregatte für zusätzliche Sicherheit sorgen.

Seit über 20 Jahren sind G8-Gipfel immer wieder "Angriffsziele" von Demonstranten aus aller Welt. Die Protestwelle erreichte beim Treffen der Politiker im italienischen Genua ihren bisherigen traurigen Höhepunkt. Die Delegationen mussten aus Sicherheitsgründen auf Schiffen untergebracht werden. Genua war praktisch von der Außenwelt abgeschnitten. Die Straßenschlachten arteten in eine nie gekannte Brutalität aus. Dabei kam einer der Protestler ums Leben. Es gab viele Verletzte. (Von Friedrich Kuhn, ddp)

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