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Politik: Gabriel will offensive SPD

Niedersachsens Fraktionschef fordert weitere Reformen

Von Hans Monath

Berlin. Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel hat die Praxis der Berliner Parteiführung heftig kritisiert und zugleich die Sozialdemokratie zum Aufbruch aus politischer Verzagtheit aufgerufen. Gabriel verlangt von der SPD die Bereitschaft zu weiteren, auch risikoreichen Reformentscheidungen. Es sei notwendig, im Parteivorstand „unterschiedliche politische Strategien wirklich offen“ zu diskutieren, fordert er im neuen Heft der Zeitschrift „Berliner Republik“, das kommende Woche erscheint. Wer nicht wolle, dass die Pessimisten für die Zukunft der SPD Recht behielten, schreibt er, für den gelte das Motto der Bremer Stadtmusikanten: „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall.“

Nach Ansicht von Gabriel, der selbst dem SPD-Parteivorstand angehört, müssen sich nicht „die Vertreter einer offensiveren Strategie“ in der SPD-internen Debatte rechtfertigen, sondern „ausdrücklich diejenigen, deren Alternative in der bloßen Verteidigung der bisherigen Reformmaßnahmen und in der vagen Hoffung auf konjunkturelle Belebung stecken“ bleibe. „Genau dies hält uns zurzeit im 20-Prozent-Ghetto“, heißt es in dem Text mit Blick auf die schlechten Umfragewerte der Partei.

Der im vergangenen Jahr abgewählte frühere Ministerpräsident von Niedersachsen bezeichnet es als „eine Legende“, dass die Agenda 2010 die Ursache für die politischen Schwierigkeiten der SPD sei. Vielmehr sei das Reformwerk umgekehrt Folge der SPD-Probleme. „In Wahrheit haben uns fehlende Ernsthaftigkeit, Angst vor der eigenen Courage und vor allem eine unter Sozialdemokraten in Mode gekommene Ignoranz gegenüber strategischer und operativer politischer Planung schon vor 2002 in die politische Konzeptionslosigkeit geführt“, schreibt Gabriel in seinem Programmtext.

Dringend appelliert der Politiker, der zum „Netzwerk“ jüngerer Sozialdemokraten gehört, an seine Partei, die eigenen Projekte besser erkennbar zu machen: „So konkret wie wir Menschen zehn Euro Praxisgebühr abverlangen, müssen auch die positiven Veränderungen erfahrbar werden“. Gabriel schlägt „neue und für die Öffentlichkeit glaubwürdige Finanzierungsverfahren“ vor. Nach seinem Willen soll etwa jeder (zusätzliche) Euro aus der Reform der Erbschaftsteuer durch eine gleiche öffentliche Summe aus dem Subventionsabbau ergänzt werden („Matching- Fund“) und in eine „Stiftung Bildung und Innovation“ einfließen.

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