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Politik: Gärtner aus Deutschland

Berlin will den Super-Kommissar – und blitzt damit in Brüssel ab

Der Wunsch des Bundeskanzlers, in Brüssel einen „Superkommissar“ für Wirtschaftsreformen zu schaffen, hat in der EU noch viele Gegner. Der deutsche Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Georg Wilhelm Adamowitsch, wollte in dieser Woche in Brüssel die deutsch-britisch-französischen Vorstellungen von einem starken Vize-Kommissionschef für Wirtschaftsfragen durchsetzen. Doch dabei stieß er bei den übrigen EU-Partnern auf Granit.

Im Wettbewerbsrat setzte sich der deutsche Staatssekretär am Donnerstag dafür ein, einen entsprechenden Beschluss beim EU-Frühjahrsgipfel Ende März vorzubereiten. Doch nur London unterstützte ihn dabei. Spanien, Italien, Österreich, Finnland, Portugal sowie Schweden und andere kleinere und mittlere Mitgliedstaaten stimmten nicht zu. Der für Industriepolitik zuständige EU-Kommissar Erkki Liikanen wandte sich ebenfalls eindeutig dagegen, dem künftigen Kommissionspräsidenten Vorgaben für die Struktur der künftigen Kommission zu machen. Das Vorschlagsrecht für entsprechende institutionelle Fragen liege ausschließlich bei der Kommission und nicht bei den Staats- und Regierungschefs, heißt es.

Der künftige Kommissionspräsident wird von den Staats- und Regierungschefs beim Juni-Gipfel in Brüssel einstimmig gekürt. Als wahrscheinlichster Kandidat gilt im Augenblick der Luxemburger Jean-Claude Juncker, der jedoch jede Ambition zurückweist. Hinter vorgehaltener Hand wird in Brüssel darauf verwiesen, dass weder Frankreich noch Deutschland zurzeit durch eine positive Wirtschaftsentwicklung auffallen. Sie hätten die nötigen Reformen verschleppt, urteilt ein Vertreter eines kleinen Landes. Einen Deutschen als Superkommissar – das bedeute, den Bock zum Gärtner zu machen, ist zu hören. Ein anderer Diplomat erinnert daran, dass der EU-Vertrag geändert werden müsste, um einen Vizepräsidenten der Kommission mit weiter gehenden Machtbefugnissen zu ernennen. Dies sei nur mit einstimmiger Zustimmung möglich. Was die „Großen Drei“, also Deutschland, Frankreich und Großbritannien, als Initialzündung für europäische Wachstumspolitik begreifen, wird offenbar bei anderen als Einstieg in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Brüsseler Kommissaren verstanden.

Der derzeitige EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen wies den Wunsch, „Superkommissar" zu werden, am Freitag erneut zurück. In der Tat ist eher die Außenpolitik sein Feld. Für die Wirtschafts- und Finanzpolitik in Brüssel käme nach Ansicht hoher Beamter eher Finanzminister Hans Eichel in Frage.

Mariele Schulze Berndt[Brüssel]

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