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Ventile und Rohre an einer Gas-Kompressor-Station an der ukrainisch-slowakischen Grenze. Die Slowakei ist in der Lage, Gas aus Russland wieder in die Ukraine zurückzuleiten.

© dpa

Gasimporte aus Russland: Berlin will keine Mitsprache der EU bei Gazprom

Brüssel will bei der Gestaltung von Lieferverträgen mit dem russischen Energiekonzern Gazprom mitreden. Doch im Wirtschaftsministerium gibt es Bedenken gegen den Plan.

Eigentlich war es ein großer Wurf, den der slowakische EU-Kommissar Maros Sefcovic mit seiner Strategie einer europäischen Energieunion plante. Die EU-Staaten sollen sich bei der Energieversorgung untereinander besser vernetzen und bei den Gasimporten unabhängiger von Russland werden – das ist der Grundgedanke der Energieunion, deren Grundzüge Sefcovic in der vergangenen Woche vorstellte. Aber insbesondere aus Deutschland kam viel Kritik an dem Vorhaben der Kommission: Die Brüsseler Behörde bleibe bei ihrer Haltung, sich aus dem Energiemix der Nationalstaaten – egal ob der nun auf der Atomkraft oder auf Erneuerbaren Energien aufbaut – herauszuhalten, lautete die Kritik.

Heute beraten die EU-Minister über den Plan der Energieunion

Seit Donnerstagmorgen befassen sich die EU-Energieminister in Brüssel erstmals mit Sefcovics Vorschlag für die Energieunion. Vor Beginn des Treffens erteilte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Brüssel einer Förderung der Kernkraft im Zuge der EU-Energieunion eine Absage. Es gebe aus mehreren EU-Ländern die Forderung, "dass die Europäische Union jetzt wieder Atomenergie fördert", sagte der Vizekanzler. "Wir werden auf gar keinen Fall zustimmen, dass jetzt die Atomenergie in Europa durch öffentliche Gelder, durch Steuergelder gefördert wird", sagte Gabriel weiter.

Im Berliner Wirtschaftsministerium gibt es aber auch Vorbehalte gegen den Anspruch der EU-Kommission, künftig bei der Aushandlungen von zwischenstaatlichen Lieferverträgen mehr mitzureden.
Im kommenden Jahr will EU-Energiekommissar Arias Canete einen Gesetzesvorschlag einbringen, welcher der Brüsseler Behörde einen größeren Einfluss bei zwischenstaatlichen Verhandlungen im Energiebereich verschaffen soll. Ein Beispiel für einen derartigen Vertrag ist das Gaslieferungs-Abkommen zwischen Polen und Russland aus dem Jahr 2010. Bei den Gesprächen zwischen Warschau und Moskau pochte die Kommission seinerzeit darauf, dass Wettbewerber neben dem russischen Konzern Gazprom nicht aus dem Markt gedrängt werden dürften. Allerdings ist es eher die Ausnahme, dass die Kommission bei derartigen Verhandlungen mitreden kann. Gegenwärtig wird Brüssel erst nach Abschluss der Verträge informiert – zu spät, findet die Kommission.

Brüssel wirft auch ein Auge auf kommerzielle Verträge

Auch bei kommerziellen Verträgen, wie sie etwa Unternehmen wie Eon oder Wintershall mit Gazprom abschließen, möchte die Kommission künftig größere Transparenz herstellen, ohne dabei die Vertragsfreiheit der Versorger zu beeinträchtigen. Als eine Option wird in Brüssel dabei die Möglichkeit diskutiert, den Energieversorgern bei künftigen Verhandlungen Standard-Vertragsklauseln an die Hand zu geben. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht dies allerdings genauso skeptisch wie ein Mitspracherecht bei zwischenstaatlichen Vereinbarungen. Einem derartiges Anrecht der Kommission „stehen wir mit Vorbehalten gegenüber, da dies die Verhandlungsfreiheit der Mitgliedsländer und der privaten Unternehmen unnötig einschränken würde“, teilte das Ministerium mit.

Grünen-Fraktionschefin Harms: Kein gutes Omen für gemeinsame Energiepolitik

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Rebecca Harms, kommentierte die Bedenken aus dem Wirtschaftsministerium in diesem Punkt mit den Worten: „Wenn man an dieser Stelle seitens der Nationalstaaten mauert, dann ist das kein gutes Omen für den Versuch, die Europäische Union durch eine gemeinsame Energiepolitik voranzubringen.“ Die Forderung der Kommission, einen Einblick in kommerzielle Verträge zu erhalten, sei im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechtes "vernünftig", sagte sie dem Tagesspiegel weiter.

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