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Gaza: Bewaffnete verlangen Schließung aller EU-Büros

Aus Protest gegen die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in europäischen Zeitungen haben bewaffnete Palästinenser in Gaza die Schließung von EU-Vertretungen verlangt.

Gaza/Paris/Kopenhagen - Die Proteste gegen die Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed in europäischen Zeitungen werden militanter. In der Stadt Gaza drangen etwa 50 maskierte und mit Schnellfeuergewehren und Panzerfäusten bewaffnete Palästinenser in den Vorgarten des EU-Büros ein und feuerten Schüsse ab. Wie erst am Donnerstag bekannt wurde, hat die Europäische Union ihre Vertretung im Gazastreifen wegen des sich verschärfenden Streits aber bereits geschlossen. Das Büro war deshalb nicht besetzt.

Bei dem Protest seien auch Schüsse auf das Gebäude abgegeben worden, sagte ein EU-Mitarbeiter in Gaza weiter. Wann die Arbeit wieder aufgenommen werde, sei nicht bekannt. Die bewaffneten Männer gehörten den Al-Aksa-Brigaden der bisher regierenden Fatah-Organisation und dem radikalen Islamischen Dschihad an. Sie erklärten bei ihrem Protest, die «europäische Provokation» mache alle Institutionen in Gaza und der ganzen Welt zum «Ziel ihres Feuers». Ein europäischer Diplomat sagte, die Drohungen würden sehr ernst genommen. Aus Protest gegen die Veröffentlichung der Karikaturen hatten bewaffnete Palästinenser bereits am Montag das EU-Büro in Gaza gestürmt.

Norwegens schloss aus Sorge vor gewalttätigen Aktionen seine Palästina-Vertretung vorläufig für den Publikumsverkehr. Das französische Außenministerium warnte vor Reisen in die autonomen palästinensischen Gebiete. Der ägyptische Präsident Husni Mubarak erklärte, Meinungs- und Pressefreiheit dürfe nicht als Entschuldigung für die Beleidigung der Religion dienen.

In der syrischen Hauptstadt Damaskus protestierten rund 300 Demonstranten vor der dänischen Botschaft gegen die Veröffentlichung der Karikaturen. In Pakistan kündigte das islamistische Parteienbündnis MMA für Freitag landesweite Demonstrationen an. Nach dänischen Medienangaben gab es bereits erste Flaggenverbrennungen und andere Protestaktionen gegen die zuerst in dem skandinavischen Land veröffentlichten Karikaturen.

In Paris wurde am Mittwochabend der Chef der Boulevardzeitung «France Soir», Jacques Lefranc, wegen Veröffentlichung der zwölf Zeichnungen fristlos entlassen. Der ägyptische Besitzer von «France Soir», Raymond Lakah, nannte die Entlassung ein «starkes Zeichen der Achtung der intimen Überzeugungen jedes Individuums». Lakah entschuldigte sich «bei der Gemeinschaft der Muslime und allen Menschen, die wegen dieser Veröffentlichung schockiert oder empört» seien.

Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen will am Freitag alle in Kopenhagen akkreditierten Botschafter über den Streit um die Mohammed-Karikaturen unterrichten. Wie Rasmussens Kanzlei mitteilte, soll dabei die Haltung der Regierung zu den massiven Protesten in islamischen Ländern erläutert werden. Rasmussen hatte Ende letzten Jahres vor Ausbruch der Protestwelle die Bitte von elf Botschaftern aus Ländern mit islamischer Bevölkerungsmehrheit zu einem Gespräch abgelehnt. Neben der seit letzter Woche erfolgten Abberufung von Botschaftern aus Saudi-Arabien, Kuwait, Libyen und Syrien und den massiven Straßenprotesten ist Dänemark auch von einem umfassenden Käuferboykott in der arabischen Welt betroffen.

Die Kopenhagener Regierung befürchtet eine kräftige Ausweitung von Boykottaktionen in der islamischen Welt nach den Freitags-Gebeten am Wochenende. Außenminister Per Stig Møller begründete dies in der Zeitung «Børsen» mit dem Nachdruck der Zeichnungen in anderen europäischen Ländern wie Frankreich. Damit werde die Aufmerksamkeit auch in Länder getragen, aus denen bisher keine Proteste gegen die zuerst in Dänemark veröffentlichten Zeichnungen gekommen seien. (tso/dpa)

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