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Mahmud Abbas.

© AFP

Gaza-Konflikt: Westjordanland - Zone der Moderaten

Im Westjordanland hat die Hamas weniger Einfluss als im Gazastreifen. Dort hat Palästinenserpräsident Abbas seine Machtbasis. Er könnte als Gewinner aus dem Konflikt hervorgehen.

Der von Israel befürchtete Flächenbrand im Westjordanland und in Ost-Jerusalem ist am „Großen Freitag“, dem letzten vor Ende des Ramadan-Fastenmonats, ausgeblieben. Zwar wurden mindestens drei Palästinenser getötet, doch die Beteiligung an den Demonstrationen und Ausschreitungen war überall relativ gering. Der Aufruf der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen, das Westjordanland durch einen Volksaufstand „in Brand zu setzen“, verhallte dort zunächst. Im Westjordanland hat die Hamas weniger Einfluss als im Gazastreifen, hier herrschen die moderaten Kräfte um Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Allerdings, schreibt ein palästinensischer Publizist, „ist die Zündschnur ausgelegt“ auch in Richtung Westbank, wo eine Explosion jederzeit erfolgen könne – weniger aus Solidarität mit Gaza und der Hamas, sondern aus Wut und Rache, falls es bei den Demonstrationen doch zu vielen Toten käme oder die israelischen Sicherheitskräfte rücksichtslos vorgingen.

Kerrys Plan

Am Freitag haben die USA ihre Bemühungen um eine Feuerpause im Gazakonflikt intensiviert. Nach Vorstellungen von US-Außenminister John Kerry sollen mit Einstellung der Kämpfe von Sonntag an unter ägyptischer Vermittlung Gespräche über eine längerfristige Friedenslösung aufgenommen werden. Die Hamas hat in ihrem Forderungskatalog für ihre Zustimmung zu einer längeren Waffenruhe ausdrücklich die Freilassung all ihrer Aktivisten im Westjordanland verlangt, die vom israelischen Geheimdienst und der Armee als Reaktion auf die Entführung und Ermordung dreier jüdischer Religionsschüler durch ein noch immer flüchtiges Hamas-Kommando festgenommen wurden.

Zu Beginn der israelischen Luftoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen verhielt sich Abbas ziemlich ruhig und beließ es bei formellen Protesten gegen das Blutvergießen unter den „palästinensischen Brüdern“. Seit sich die Kampfhandlungen ausgeweitet haben und insbesondere seit Beginn der israelischen Bodenoffensive gibt er der Zivilbevölkerung des Gazastreifens politische Rückendeckung bei den UN und versucht vor allem, sich als Vermittler zu etablieren.

Ägypten spielt eine Rolle

Die Hamas fordert die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens, eine Forderung, die sich weniger an Israel als an Ägypten wendet, dessen neues Regime die Südgrenze zur Sinai-Halbinsel gesperrt hat. Kairo lehnt einen freien Übergang strikt ab. Doch stehen die Chancen gut, dass sich Ägypten mit palästinensischen Grenzkontrolleuren aus dem Westjordanland, also von Abbas-Leuten, anfreunden könnte. Damit würden Abbas und seine moderate Fatah-Bewegung endlich wieder im Gazastreifen Fuß fassen.

Käme es nach Kampfesende gar zu einem Aufstand gegen die sich versteckt haltende oder in Katar im Luxus lebende Hamas-Führung, wäre Abbas gar der große Sieger des aktuellen Gaza-Konflikts – ohne dass seine Leute auch nur einen Schuss abgegeben haben. Die Chancen, dass Abbas von der israelischen Regierung unter Benjamin Netanjahu wieder als Partner für Verhandlungen angesehen wird, sind durch den bisherigen Verlauf der Kämpfe und durch sein Manövrieren erheblich gestiegen – sehr zum Zorn der Hamas.

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