zum Hauptinhalt

Gaza-Vergleich: Pirat bedauert Gezwitscher - widerwillig

Ein distanziertes Bedauern hat nicht gereicht: Wegen des heftig kritisierten Israel-Tweets des NRW-Piraten Dietmar Schulz verlangte die Landtagsfraktion eine förmliche Entschuldigung. Schulz lenkte nun ein - wenn auch nur im zweiten Anlauf.

Es war eine emotionale Fraktionssitzung, die die Piratenpartei Nordrhein-Westfalen im Internet übertrug. Kern der Aufregung war noch immer die Äußerung des Landtagsabgeordneten der Piraten, Dietmar Schulz. „Grotesk: Gedenken der Opfer von Gewaltherrschaft und Krieg auf jüdischem Friedhof während Israel bombt was das Zeug hält“, schrieb Schulz anlässlich des Volkstrauertages und der israelischen Offensive in Gaza auf Twitter. Auf Druck der Fraktion bat er am Dienstag noch einmal öffentlich um Entschuldigung. Die Partei kann sich keine weitere Antisemitismusdebatte leisten.

„Ich habe mich falsch ausgedrückt; hierfür bitte ich um Entschuldigung“, schrieb Schulz in einer Stellungnahme. Es liege ihm fern, Aussagen zu treffen, die auch nur im Entferntesten als anti-semitisch interpretiert werden könnten. „Ich werde das Kommunikationsmedium ,Twitter’ künftig bewusster nutzen“, sagte Schulz. Landtagspräsidentin Carina Gödeck (SPD) hatte Schulz vorgeworfen, Antisemitismus bedient zu haben. Die Basis der Piraten forderte auf Twitter offen seinen Rausschmiss. Mit einer halbherzigen Entschuldigung, in der Schulz zunächst nur den Vorwurf des Antisemitismus von sich gewiesen hatte, war es deshalb nicht getan. „Mir ist jetzt klar, dass Twitter in keinem Fall geeignet ist, derart komplexe Zusammenhänge darzustellen“, schrieb Schulz.

In der Fraktionssitzung räumte Schulz allerdings nur teilweise Fehler ein. Er sieht sich als Opfer einer Skandalisierung. „Fakt ist, dass hier eine Kampagne initiiert worden ist - dummerweise vor dem Hintergrund eines Tweets, den ich abgesetzt habe“, sagte Schulz. „Ich sag's mal salopp: Das ist verdammt dumm gelaufen.“ Die Forderung nach einer Entschuldigung nannte er zunächst „vollkommenen Unsinn“, bevor er dann doch einlenkte.

Am Montag hatte er wortreich aber distanziert lediglich Bedauern über „Missverständnisse“ und „eine nicht beabsichtigte Interpretationsmöglichkeit“ geäußert.

Das Problem ist nicht neu. Lange erweckten einzelne Piraten den Eindruck, sich nicht scharf genug nach rechtsaußen abzugrenzen. Der Pirat Matthias Bahner aus Mecklenburg-Vorpommern hatte seine Partei in den Landtagswahlkampf geführt, eine frühere Mitgliedschaft in der NPD aber verschwiegen. Auch der Fall des Niedersachsen Carsten Schulz, der Holocaust-Leugnung für eine Meinung wie jede andere hielt und ihr Verbot deshalb aufheben wollte, sorgte für Aufruhr. Die NRW-Fraktion hatte indes bisher nur mit anzüglichen Tweets auf sich aufmerksam gemacht. So hatte die Landtagsabgeordnete Birgit Rydlewski während einer Plenarsitzung intime Details ihres Privatlebens getwittert. (mit dpa)

Zur Startseite