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In ganz Israel blieben die Menschen stehen und gedachten der sechs Millionen ermordeten Juden.

© AFP/Thomas Coex

Gedenken im ganzen Land: Israel erinnert an sechs Millionen ermordete Juden

Mit Sirenen und einer Schweigeminute hat Israel der während des Holocaust ermordeten Juden gedacht. Staatspräsident Rivlin warnte vor neuem Antisemitismus.

Israel hat am Donnerstag der sechs Millionen Juden gedacht, die während des Holocaust von den deutschen Nationalsozialisten und ihren Helfern ermordet wurden. Am Vormittag heulten landesweit zwei Minuten lang die Sirenen. Fußgänger blieben stehen und verharrten in stillem Gedenken. Autofahrer stoppten ihre Fahrzeuge auf der Straße und stiegen aus. In der zentralen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem begann anschließend eine Gedenkzeremonie.

Nach Angaben des zuständigen Finanzministeriums sind in Israel noch rund 210.000 Holocaust-Überlebende registriert, die Unterstützung erhalten. 58.000 davon stammten aus nordafrikanischen Ländern sowie dem Irak. Sie hätten während des Holocaust unter antisemitischer Verfolgung gelitten.

Während einer Gedenkstunde in Yad Vashem warnte Israels Staatspräsident Reuven Rivlin am Mittwochabend vor neuem Antisemitismus. „Europa wird wieder von den Geistern der Vergangenheit verfolgt - Ideen von Überlegenheit, nationaler Reinheit, Fremdenhass, offener Antisemitismus von links und rechts“, sagte Rivlin. „Wir sind nicht am Rande eines neuen Holocaust oder ähnliches. Aber wir können den alt-neuen Antisemitismus nicht ignorieren, der wieder sein Haupt erhebt, angeheizt durch Einwanderungswellen, Wirtschaftskrisen und Enttäuschung von der politischen Führung.“

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte: „Die radikale Rechte, die radikale Linke und der radikale Islam sind sich in einem einig: Dem Hass auf Juden.“ Dieser Hass zeige sich auch in „niederträchtigen Attacken auf Betende in Synagogen“, sagte er mit Blick auf die Anschläge in den USA.

Die Zahl gewaltsamer antisemitischer Vorfälle hat nach einem israelischen Bericht im vergangenen Jahr weltweit deutlich zugenommen. 2018 seien bei 13 Morden an Juden antisemitische Hintergründe registriert worden, die höchste Zahl im Vergleich zu den Vorjahren, teilte die Universität Tel Aviv am Mittwoch mit.

Fünf deutsche Unternehmen bei Grundsteinlegung in Yad Vashem

Repräsentanten fünf deutscher Unternehmen nahmen am Donnerstag in Jerusalem an der Grundsteinlegung für einen Erweiterungsbau in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teil. Insgesamt fünf Millionen Euro spenden der Fußballclub Borussia Dortmund (BVB), Daimler, die Deutsche Bahn, die Deutsche Bank und Volkswagen für das neue Gebäude. Die Vertreter waren zum Holocaust-Gedenktag nach Israel gereist, um bei der zentralen Veranstaltung in Yad Vashem anwesend zu sein. Insgesamt kostet das „Haus der Erinnerungen“ laut Yad Vashem rund 29,5 Millionen Euro.

„Das ist eines der ganz zentrale Projekte für Yad Vashem, in einer Zeit, in der Yad Vashem immer mehr Zeugnisse von Holocaust-Überlebenden erhält“, sagte Kai Diekmann, Journalist und Vorsitzender des deutschen Freundeskreises Yad Vashem, am Donnerstag in Jerusalem. Es handele sich um „Bruchstücke von Erinnerungen“, etwa Fotos, Briefe oder Kleidungsstücke. Auf dem Gelände der Gedenkstätte fehle der Raum, diese vielen Erinnerungsstücke angemessen aufzubewahren. Deshalb solle das neue Gebäude „in den Berg gegraben werden“.

Iris Rosenberg, Sprecherin von Yad Vashem, sagte, zuerst solle eine Kunstsammlung in das neue Gebäude verlegt werden. Insgesamt solle der neue Bau Millionen von Erinnerungsstücken aufnehmen, darunter auch viele schriftliche Dokumente wie Tagebücher. Der Baubeginn für das rund 4200 Quadratmeter große Erinnerungszentrum ist im August diesen Jahres geplant. Die Bauarbeiten sollen drei bis vier Jahre dauern. (dpa)

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