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Gedenken: Die frühere First Laura Bush, Ex-Präsident George W. Bush, First Lady Michelle Obama und US-Präsident Barack Obama (v.l.)

© Reuters/Carlo Allegri

Gedenkfeier für ermordete Polizisten in Dallas: Obama appelliert an Toleranz und Einheit der Amerikaner

US-Präsident Obama räumt beim Gedenken an die Polizisten in Dallas ein, die Einheit des Landes nicht bewahrt zu haben. Er erinnert aber an dessen Stärke und Werte.

Fünf leere Stühle, geschmückt mit amerikanischen Fahnen und fünf Polizeimützen, stehen in der ersten Reihe des Morton H. Meyerson Symphony Center in Dallas. Auf der Bühne des Auditoriums singen Barack Obama, sein Vorgänger George W. Bush zusammen mit anderen Ehrengästen die Nationalhymne. Die Trauerfeier für die fünf Polizisten, die vergangene Woche von einem schwarzen Gewalttäter erschossen wurden, hat begonnen.

Obama wirkt angespannt. Er schaut in die Mappe mit dem Text seiner Rede, die er gleich halten wird. Es ist die 15. Ansprache, die der Präsident nach einer tödlichen Schießerei hält, berichten die Fernsehsender. Zugleich ist es eine der wichtigsten seiner ganzen Amtszeit.

Nach den Polizistenmorden von Dallas erwartet das geschockte Land vom Staatschef nicht nur überparteiliche Worte des Trostes und der Hoffnung – eine Pfarrerin, ein Imam und ein Rabbi bitten bei der Trauerfeier um die Hilfe Gottes bei der Überwindung der Tragödie.

Schmaler Grat für Obama

Der erste schwarze Präsident der USA muss auch eine ganz besonders feine Balance finden: zwischen der eindeutigen Verurteilung der Gewalt gegen die weißen Polizisten, die wegen ihrer Hautfarbe zum Opfer des schwarzen Heckenschützen Micah Johnson wurden, und der Kritik an der Gewalt der Polizei gegen unschuldige Schwarze, die den Anschlag vom vergangenen Donnerstag auslöste.

Dem Präsidenten ist anzusehen, unter welchem Druck er steht. Neben seiner ganz in Schwarz gekleideten Gattin Michelle sitzend, hört er Ex-Präsident Bush zu, der von der Einheit der Nation spricht. Der größte Applaus, vermischt mit Jubelrufen, geht an den Polizeichef von Dallas, David Brown, der nach dem Anschlag der vergangenen Woche zum Gesicht der Tragödie geworden ist. "Diese fünf Männer haben ihr Leben für uns alle gegeben", sagt Brown.

Fotos der fünf ermordeten Polizisten bei der Gedenkfeier in Dallas
Fotos der fünf ermordeten Polizisten bei der Gedenkfeier in Dallas

© AFP/Mandel Ngan

Obama beginnt mit einer Würdigung des Polizistenberufs. Der "American Way of Life" beruhe auf dem Rechtsstaat, der von der Polizei geschützt werde, sagt der Präsident. "Das ist es, was die Fünf am vergangenen Donnerstag taten." Obwohl die Demonstration in Dallas gegen Polizeigewalt gerichtet gewesen sei, hätten die Beamten das Recht auf Demonstrationsrecht garantiert. "Rassenhass" gegen Weiße habe die Schüsse auf die weißen Polizisten ausgelöst.

Aber Obama spricht auch über den alltäglichen Rassismus gegen Schwarze in den USA, der sich trotz der Bürgerrechtsreformen der sechziger Jahre gehalten habe. "Das wissen wir alle." Afroamerikaner werden häufiger festgenommen und ins Gefängnis gesteckt als Mitglieder anderer Bevölkerungsgruppen, sie sind selbst bei guter Qualifikation häufiger arbeitslos als Weiße und haben eine geringere Lebenserwartung.

Ein Anflug von Resignation

Die Art und Weise, wie die Opfer sich nach den Schüssen von Dallas gegenseitig geholfen hätten, gebe Hoffnung, dass Amerika diese Probleme überwinden könne, sagt Obama. "Das ist das Amerika, das ich kenne." Der Präsident ruft seine Landsleute auf, mehr Toleranz an den Tag zu legen und mit "offenem Herzen" aufeinander zuzugehen. Dann erkenne der Polizist in dem schwarzen Jugendlichen an der Straßenecke vielleicht den eigenen Sohn, und der schwarze Teenager sehe in dem Polizisten nicht den Peiniger, sondern den eigenen Vater.

"Amerika verlangt nicht von uns, perfekt zu sein", sagt Obama. "Amerika gibt uns die Chance, uns zu ändern." Die fünf Polizisten in Dallas seien nicht umsonst gestorben, betont der Präsident.

Doch gegen Ende seiner achtjährigen Amtszeit lässt Obama auch erkennen, dass er selbst nicht immer an diese Hoffnung glaubt. "Ich bin nicht naiv", sagt der Präsident. Er habe bei früheren Gelegenheiten gesehen, wie die Einheit des Landes nach einem schrecklichen Ereignis wieder zerbrochen sei. Als Präsident habe er diese Einheit nicht bewahren können. "Ich sehe, wie unzureichend meine eigenen Worte waren." Mit einem Anflug von Resignation fügt er wenig später hinzu, der Heckenschütze von Dallas sei wohl nicht der letzte Angreifer seiner Art gewesen.

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