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Politik: Gedenkorte sollen für alle Demos gesperrt werden Grüne und Union stützen Ministerinitiative

Nur FDP lehnt neues Versammlungsrecht ab

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Die Bundesregierung will durch eine Verschärfung des Versammlungs- und des Strafrechts die von der NPD geplante Demonstration am 8. Mai verhindern. Innenminister Otto Schily und Justizministerin Brigitte Zypries (beide SPD) stellten am Freitag entsprechende Gesetzesinitiativen vor, die bereits in der nächsten Woche im Bundestag eingebracht werden sollen. Der grüne Koalititonspartner signalisierte Zustimmung. Politiker der Unionsparteien nannten die Pläne „überfällig“. Nur die FDP lehnt es ab, das Versammlungsrecht zu verschärfen. Zugleich begrüßte Schily Vorschläge der Union, eine Bannmeile im Regierungsviertel einzurichten, als „durchaus diskussionswürdig“. Das sei aber Angelegenheit des Parlaments, sagte Schily.

Mit der Novellierung des Versammlungsgesetzes will Schily ein Verbot von Versammlungen an Orten durchsetzen, die an die „Opfer organisierter menschenunwürdiger Behandlung erinnern“. Es sei Sache der Länder, diese Orte konkret zu benennen, sagte Schily. Er denke hier vor allem an das Holocaust-Mahnmal in Berlin und an Standorte ehemaliger Konzentrationslager. Das Brandenburger Tor könne dazu jedoch nicht zählen.

Zypries kündigte eine Verschärfung des Strafrechts an. Nicht nur das Billigen, Leugnen oder Verharmlosen des Holocaust soll demnach strafbar sein, sondern auch das Verherrlichen oder Verharmlosen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. „Das sind wir den Opfern des NS-Regimes schuldig“, sagte Zypries. Die Justizministerin betonte, die Verschärfung des Strafrechts könne die politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht ersetzen. Es gehe vielmehr darum, eine Lücke im Strafrecht zu schließen. Schily bezeichnete die Gesetzesinitiativen als „Ausdruck der Wehrhaftigkeit der Demokratie“. Es sei „unerträglich“, wenn Rechtsextreme den Eindruck erweckten, das „Dritte Reich“ solle wiederbelebt werden. Schily rief die Opposition auf, dem Gesetzesvorhaben zuzustimmen: „Nur wenn alle mitwirken, können wir ein Inkrafttreten bis zum 8. Mai erreichen.“

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) begrüßte zwar die Verschärfungen, hielt der Bundesregierung aber vor, zu spät zu handeln und „hektisch“ bis zum 8. Mai Änderungen umsetzen zu wollen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, plädierte für eine konsequente Ausschöpfung der bestehenden Gesetze statt eines „Sonderversammlungsrechts“ für einzelne Gruppen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, begrüßte die Ziele des Gesetzentwurfs. Über Details müssten aber noch Gespräche geführt werden.

Die Innenminister der Länder lehnten eine schnelle Wiederaufnahme des NPDVerbotsverfahrens ab. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, BadenWürttembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) sagte nach einer Sondersitzung des Gremiums, die NPD als „verfassungsfeindliche“ Partei müsse auch weiterhin nachrichtlich beobachtet werden können. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte dem Tagesspiegel, er sei nicht bereit, „auf Informationen der V-Leute zu verzichten.“

Bei der von der NPD angemeldeten Kundgebung zum 60. Jahrestag der Dresdener Bombennacht rechnet der Chef des sächsischen Verfassungsschutzes, Rainer Stock, am Sonntag mit bis zu 7000 Teilnehmern aus ganz Europa.

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