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Gedenkstätte Sobibor: Kein Geld für die Erinnerung

Die Gedenkstätte Sobibor wurde erst geschlossen, dann nach Protesten wieder geöffnet. Die Finanzierung ist aber nur bis Ende Juli gesichert. Wie es danach weitergeht, ist völlig offen.

Die Opfer kümmern sich viel mehr um unsere Gedenkstätte als die Täter – da ist doch etwas verkehrt“, sagt Marek Bem, dann winkt er ab. Er hat keine Zeit für Journalisten. Die nächste Besuchergruppe wartet. Und der geschäftsführende Direktor der Gedenkstätte Sobibor legt selber Hand an, wo es nur geht. Bem führt Gruppen und Einzelpersonen durch das Waldstück in der Nähe des ostpolnischen Städtchens Wlodawa. Zu sehen gibt es fast nur noch die historische Eisenbahnrampe, den Rest des Vernichtungslagers hatten die Deutschen beim Anrücken der Roten Armee zerstört.

Museumsdirektor Bem hat dafür gekämpft, dass die Gedenkstätte zur Hauptreisesaison wieder geöffnet werden kann. Im Juni musste das Museum aus Geldmangel schließen. Nach Protesten – auch aus der jüdischen Gemeinde Polens – fand sich in Warschau kurzzeitig eine Überbrückungsfinanzierung des Kulturministeriums. Bis Ende Juli ist der Betrieb damit gesichert. Wie es danach mit der Gedenkstätte Sobibor im armen Dreiländereck zwischen Polen, der Ukraine und Weißrussland weitergeht, steht in den Sternen. „Ende des Monats weiß ich mehr“, sagt Bem und zuckt mit den Schultern.

„Wo ist eigentlich die Eigeninitiative Deutschlands?“, fragt Bem bitter. Vor allem sei doch schwer einzusehen, weshalb die Steuerzahler Wlodawas für dieses „Kulturerbe der deutschen Zivilisation“ aufkommen müssten, sagt Bem. Bisher werden außer Sobibor auch eine ganze Reihe weiterer KZ-Gedenkstätten vor allem mit Mitteln der polnischen Regierung und der Gemeinden unterhalten. Die Bundesregierung will sich jedoch nicht an der Finanzierung der Gedenkstätte Sobibor beteiligen. Gemäß der „Theresienstädter Erklärung“ von 2009 seien „alle Länder aufgefordert, die auf ihrem jeweiligen Territorium befindlichen Gedenkstätten zu erhalten“, schreibt Außenminister Guido Westerwelle in einem Brief, der demTagesspiegel vorliegt. Zugleich verweist er darauf, dass Bund und Länder bereits die Stiftung Auschwitz-Birkenau mit 60 Millionen Euro unterstützen. Für die Gedenkstätte Sobibor sieht er allein Polen in der Verantwortung. „Damit verweigert sich der Außenminister der historischen Verantwortung Deutschlands“, kritisieren die Grünen-Politiker Volker Beck und Jerzy Montag, die zuvor an die Bundesregierung appelliert hatten, die Gedenkstätte kurzfristig zu unterstützen.

Rund 250 000 Juden wurden zwischen Mai 1942 und September 1943 von deutschen SS-Truppen und deren ukrainischen Helfern – darunter auch dem kürzlich in München verurteilten John Demjanjuk – im Vernichtungslager Sobibor ermordet.Paul Flückiger/Claudia von Salzen

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