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Die Bundestagsabgeordnete Petra Hinz (SPD) spricht im Parlament.

© dpa

Gefälschter Lebenslauf von Petra Hinz: Arbeiterkinder und Bildungsaufsteiger

Die Bundestagsabgeordnete der SPD, Petra Hinz, hat ihren Lebenslauf gefälscht. Denn wer auf Ämter und Mandate hofft, darf selbst in der SPD keine Arbeiterbiografie mehr haben. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Hinz hat gelogen. Sie behauptete, Abitur und Jurastudium erfolgreich absolviert und anschließend in Rechtsgeschäften gearbeitet zu haben. Aber sie hat gar kein Abitur, geschweige denn ein Jurastudium absolviert. Noch hat sie jemals als Juristin gearbeitet. Natürlich musste Hinz zurücktreten. Die SPD sagt nun, der Betrug wäre gar nicht nötig gewesen. Die SPD sei doch die Arbeiterpartei. Es sei überhaupt kein Problem, hier ohne Abitur und Studium Karriere zu machen. Da lügt sie sich selbst etwas in die Tasche.
Wie keine andere Partei sind die Sozialdemokraten stolz auf ihre Bildungsaufsteiger. Ein Arbeiterkind zu sein, ist hier tatsächlich kein Problem. Man darf nur keines bleiben. Die sozialdemokratische Musterbiografie beginnt zwar gerne im Arbeiter- und Kleinbürgermilieu, am liebsten im Ruhrgebiet oder in einer anderen Industrieregion. Doch danach ist der planvolle Aufstieg vorgesehen. Lehrer, Juristen, Sozialwissenschaftler und Politologen findet man oft unter den Bundestagsabgeordneten, KFZ-Mechaniker, Chemiefacharbeiter oder Schlosser aber kaum noch. Die SPD war einmal die Partei der Malocher und der kleinen Handwerker. Heute sieht sie sich lieber als die Partei derjenigen, die als Erste in ihrer Familie studiert haben.

Ein einziger ehemaliger Fließbandarbeiter sitzt für die SPD heute im Bundestag

Neunte Klasse Sauerland – für die Generation der Franz Münteferings hat das noch ausgereicht, um es in der SPD nach oben zu schaffen. Für die jüngeren Sozialdemokraten reicht es nicht mehr. Die berechtigte Wertschätzung von Abitur und Studium hat zu einer ungerechtfertigten Abwertung der anderen Ausbildungswege geführt. Gesellen- und Meisterbrief, Facharbeiterabschluss und Kindergärtnerzertifikat genießen lange nicht dasselbe Ansehen wie das Abitur und das Studium. Ein einziger ehemaliger Fließbandarbeiter sitzt für die SPD heute im Bundestag. Das ist keine Entschuldigung dafür, sich einen akademischen Lebenslauf zusammenzulügen. Es ist aber eine Erklärung, warum ehrgeizige Genossen so große Probleme haben, mit der eigenen Bildungsbiografie zu scheitern. Wer auf Ämter und Mandate hofft, darf selbst in der SPD keine Arbeiterbiografie mehr haben. Petra Hinz hat das offenbar gespürt. Die Partei selbst gesteht sich das noch nicht ein.

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