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Politik: Gefühle, die ans Glas klopfen

Es werden in diesen glücklich heißen Tagen Sätze gesagt, die den traditionellen Anforderungen an einen Satz nur bedingt genügen. „Profitieren konnten auch die Mittelständler in den Regionen, wenn sie die Emotionalität des Fußballs besetzten“, formulierte die Sprecherin des deutschen Brauerbundes gestern.

Es werden in diesen glücklich heißen Tagen Sätze gesagt, die den traditionellen Anforderungen an einen Satz nur bedingt genügen. „Profitieren konnten auch die Mittelständler in den Regionen, wenn sie die Emotionalität des Fußballs besetzten“, formulierte die Sprecherin des deutschen Brauerbundes gestern. Das ist in seiner Verbindung von fehlender Botschaft und radikaler Sinnverweigerung ein sehr schönes Beispiel für …

Ja, wofür eigentlich? Im Grunde zeigt es nur, dass nach dem Gefühl und der Emotion auch die Emotionalität in die Urgründe des deutschen Wesens aufgenommen worden ist. Dort sitzt sie nun und plustert sich dermaßen, dass eine Analyse der tollen Tage ohne Hinweis auf die Emotionalität des Ganzen keinen Pfifferling wert ist. Ob sich Fans kopfüber in den Springbrunnen stürzen, ein Luftballon am Brandenburger Tor platzt oder Zidane seinen Schatten niederstreckt – alles ist seit ca. Anfang Juni 2006 eine Sache der Emotionalität.

Aber was ist das wirklich? Emotion, das ist eine Gefühlsbewegung. Doch was könnte eine Gefühlsbewegungsalität sein? Gefühlsbeweglichkeit? Gefühligkeit? Fußballfühligkeit? Und wie könnte es den Brauern gelingen, diese Fußballfühligkeit zu besetzen?

Der Satz des Brauerbundes ist vermutlich so zu verstehen, dass beispielsweise die Leute von Bitburger Kohle ohne Ende gemacht haben, weil sie Oliver Bierhoff, pling, im Fernsehen andauernd an ihr Riesenglas klopfen ließen. Der Mittelstandsbrauer dagegen hat abgewinkt und gesagt, Bierhoff kann ich nicht bezahlen, so ein großes Glas hab ich auch nicht, also lass ich den Unfug, weil die Leute mein Bier ja auch so saufen, wenn’s Fußball gibt.

Und das war eben der Fehler. Besetzen! Der Deutsche hat Gefühle, riesige, nach außen drängende Emotionen, Emotionalien womöglich, die er nur mit Bier in den Griff bekommt, und dieses Bier kauft er von jenen, die ihm gefühlsmäßig ans Glas klopfen. Oder so ähnlich.

Übrigens war der Krankenstand im ersten Halbjahr in Deutschland noch nie so niedrig wie jetzt, und das bei rapide steigendem Bierkonsum. Das kann unmöglich ein Zufall sein. Was folgt daraus? Saufen ist gut für die Wirtschaft. Wird Zeit, dass mal jemand diese Erkenntnis festhält. Bevor sie besetzt ist.

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