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Politik: Gegen die Regierung

In Pakistan bricht vor allem der Zorn über die Zusammenarbeit mit den USA durch

Berlin - Am Freitag war sogar Bill Clinton in Islamabad. Amerikas früherer Präsident verurteilte die Mohammed-Karikaturen, die inzwischen mehrere europäische Zeitungen veröffentlicht haben, bekräftigte ihre Ablehnung durch die USA, und regte an – so berichten es pakistanische Zeitungen – den Medien zu verbieten, „mit religiösen Gefühlen Menschen anderer Glaubensrichtungen zu spielen“. Ob er damit Pakistans Staatschef Pervez Musharraf gegenüber den ausufernden Protesten den Rückten stärkt, ist fraglich. Klar dürfte aber sein, dass auch die US-Seite mit Irritation die seit Tagen anhaltenden gewalttätigen Demonstrationen beim wichtigen Partner im Antiterrorkampf beobachtet.

Vor etwa zwei Wochen hatte es noch so ausgesehen, als ob es in einem der größten islamischen Länder der Welt ruhig bleiben würde. Doch inzwischen sind zunächst vereinzelte Proteste zu Massenveranstaltungen im ganzen Land angewachsen. Fünf Menschen starben bisher, bei Ausschreitungen Mitte der Woche wurden ganze Viertel der Provinzhauptstädte Peshawar und Lahore verwüstet. Gerade aufgrund der zeitlichen Verzögerung sind sich aber westliche und pakistanische Beobachter im Land sicher, dass sich der Protest im Kern gegen Regierung und Präsidenten richtet, sowie gegen die Zusammenarbeit mit den Amerikanern. So dürfte auch die Empörung über den US-Angriff vor einem Monat auf ein Dorf nahe der afghanischen Grenze wieder leicht zu entflammen gewesen sein. Damals waren neben Al-Qaida-Mitgliedern mehrere Zivilisten gestorben.

Der Zusammenschluss von sechs religiösen Parteien, MMA, deren Vertreter sich nicht nur an Demonstrationen beteiligen, sondern diese auch zum Teil organisiert haben, hatte schon Anfang Februar zu Protesten aufgerufen. Damals stießen diese noch auf wenig Resonanz. Inzwischen aber, vermutet Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, dürften die Initiatoren selbst von den Reaktionen überrascht sein. Und auch wenn die Islamisten bei weitem nicht in der Mehrheit sind und viele Pakistani selbst die Proteste als Katastrophe für Image und Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland sehen, stehen der Präsident und die Regierung unter Druck.

Besonders, was den geplanten Besuch des amtierenden US-Präsidenten betrifft. Anfang März will George W. Bush nach Pakistan reisen, auch sein Bild verbrennen jetzt wütende Demonstranten – begleitet von verbalen Angriffen gegen europäische Spitzenpolitiker. Eine Absage kommt nach Ansicht von Beobachtern nicht in Frage. Gleichzeitig aber ist der Besuch kaum dazu angetan, erhitzte Gemüter zu beruhigen. Obwohl die Regierung zur Ruhe aufgerufen hat, ist für diesen Sonntag in der Hauptstadt Islamabad eine Großdemonstration angekündigt – der Tag, an dem Musharraf zu einer fünftägigen Chinareise aufbrechen will. Vermutlich hätte sich der Präsident eine entspanntere Situation gewünscht, bevor er das Land verlässt. Denn auch der Besuch in Peking ist nicht ohne Schatten – erst vor wenigen Tagen haben angebliche Freiheitskämpfer in der pakistanischen Krisenprovinz Balutschistan drei chinesische Ingenieure ermordet.

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