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Geheimdienst attackiert den "Guardian": „In Deutschland wäre so etwas rechtswidrig“

Der britische Geheimdienst hat in der Redaktion des „Guardian“ Festplatten mit Infos über die NSA-Spähprogramme vernichtet. Der Medienanwalt Christian Schertz über deutsche Gesetze und die Vorzüge von Papier.

Herr Schertz, müssen Journalisten in Deutschland Ähnliches fürchten, wie der "Guardian" in Großbritannien?

Nein. Hierzulande ist der Informantenschutz oberstes Gebot. Er hat Verfassungsrang und ist konstituierend für die Pressefreiheit. Dazu gehört, dass Medien und ihre Mitarbeiter ohne richterliche Anordnung gar kein Material an staatliche Behörden herausrücken müssen– weder das eigene noch das, das ihnen von Dritten zugespielt wurde. Außerdem steht es Journalisten sowohl zivil- als auch strafrechtlich zu, die Aussage zu verweigern. Was im Keller des „Guardian“ geschehen ist, wäre bei uns rechtswidrig.

Auch im anglo-amerikanischen Recht ist die Pressefreiheit fest verankert...

Umso mehr verwundert das Vorgehen der britischen Behörden. Seit den Terroranschlägen vom 11. September gibt es in den USA, aber auch in Großbritannien die Tendenz, alles außer Kraft zu setzen, was bisher in Stein gemeißelt war.

Können Sie sich eine Situation vorstellen, die die Beschlagnahme von vermeintlich „geheimen“ Informationen durch den Staat auf deutschem Boden legitimieren könnte?

Das Grundgesetz gilt immer und hat Ewigkeitsstatus. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass im Verteidigungsfall, wenn es also tatsächlich eine kriegerische Auseinandersetzung gibt oder die Sicherheit der Bundesrepublik massiv gefährdet ist, andere Maßstäbe gelten.

Recherchen führen deutsche Journalisten auch ins Ausland. Wie sollten sie sich verhalten, wenn sie dort von staatlichen Institutionen zur Herausgabe von Informationen gezwungen werden?

Ich empfehle, in einem solchen Fall immer, das Auswärtige Amt des eigenen Landes einzuschalten. Und sensible Daten sollten besser nicht ins Ausland mitgenommen werden, sondern dort bleiben, wo sie sicher sind – in Deutschland. Generell ist es außerdem sicherlich nicht verkehrt, journalistisches Recherchematerial anderweitig aufzubewahren als auf digitalen Datenträgern. Denn gerade diese Technik hat die Möglichkeiten für Dritte potenziert, dieser Informationen komplett habhaft zu werden. Die Gefahrenlage für Journalisten ist größer geworden.

Juristen arbeiten wie Journalisten mit einer Fülle von Informationen. Wie gehen Sie in Ihrer Kanzlei damit um?

Wir führen bis heute Papierakten, und das ist auch gut so. Würden wir die Daten in digitaler Form aufbewahren, wäre die Gefahr von Missbrauch, etwa durch Hacker, viel zu groß.

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