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Bei Europol in Den Haag sollen alle wichtigen Informationen über Terrornetzwerke zusammenlaufen.

© AFP

Geheimdienste in Europa: Jeder für sich

Die europäische Geheimdienste sollen besser kooperieren. Doch bisher gehen nationale Interessen vor. Der CDU-Außenpolitiker Kiesewetter hält die EU sogar für „handlungsunfähig“.

Die Geheimdienste gehören zu den letzten nationalstaatlichen Refugien. Ob sie in Europa ausreichend vernetzt sind, wird jetzt wieder diskutiert. Das war auch schon nach den Terroranschlägen auf die Pariser Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt im Januar so. Dazu gehört auch die Debatte, ob die EU einen eigenen Dienst aufbauen sollte. Doch bisher waren nationale Interessen größer: Es gab keine wesentlichen Fortschritte in diesem Jahr. Die Anschläge in Paris machen deutlich, dass gerade kleinere Staaten kaum in der Lage sind, die islamistische Szene auf internationaler Ebene ausreichend zu überwachen. Allerdings weist der Experte Alain Chouet, ein früherer ranghoher Mitarbeiter beim französischen Auslandsgeheimdienst DGSE, darauf hin, dass die belgischen Sicherheitsbehörden beispielsweise sehr wohl von einem fundamentalistischen Netzwerk in Verviers im Osten des Landes gewusst hätten. Die politische Entscheidung, dagegen vorzugehen, sei aber erst nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ gefallen, sagt Chouet. Bei dem Polizeieinsatz im Januar wurden zwei mutmaßliche Dschihadisten getötet.

CDU-Politiker fordert Reforminitiative von Berlin und Paris

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sieht die Situation der Geheimdienste als Symptom auch für generellen Reformbedarf in der EU. Er sagte dem Tagesspiegel, angesichts der Anschläge, die ja auch die Nationalmannschaften Deutschlands und Frankreichs zum Ziel hatten, müssten sich Paris und Berlin für eine Reform der EU einsetzen: „Die EU erscheint in der aktuellen Krise handlungsunfähig. Wir erleben sogar starke Renationalisierungstendenzen in vielen Mitgliedstaaten. Dem müssen Deutschland und Frankreich durch eine gemeinsame Initiative begegnen.“ Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik müsse dabei besonders im Fokus stehen. Dies gelte auch für eine intensivere Zusammenarbeit der Nachrichtendienste: „In diesem Lichte ist die geplante Änderung des BND-Gesetzes zu überprüfen, um durch erhöhten Austausch und Koordination zwischen den Mitgliedstaaten die EU aber auch den BND bei der Terrorabwehr schlagkräftiger zu machen.“

Europol: rund um die Uhr im Einsatz

Nach den Angaben eines Sprechers der europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag sind Terrorismus- und Waffenexperten dort rund um die Uhr im Einsatz, um die französischen Ermittler zu unterstützen. Der Vorschlag eines gemeinsamen EU-Geheimdienstes, den die damalige Brüsseler Justizkommissarin Viviane Reding vor zwei Jahren gemacht hatte, sei aber nach den Angaben einer EU-Kommissionssprecherin zu den Akten gelegt worden. Der Vorschlag werde nicht weiterverfolgt, sagte die Sprecherin am Montag: Die Schaffung eines „europäischen CIA“ sei kein Projekt der Kommission. Allerdings schlug die Kommission im vergangenen April vor, ein neues Anti-Terror-Lagezentrum bei Europol einzurichten. Das neue Lagezentrum, erklärte die Kommission damals, solle die nationalen Sicherheitsbehörden dabei unterstützen, gegen ausländische Kämpfer vorzugehen, den Finanzströmen der Netzwerke nachzugehen sowie illegalen Waffenhandel und die Verbreitung extremistischer Botschaften im Internet zu verfolgen.

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