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Das Gesundheitsministerium in Israel empfiehlt nun verstärkt die Impfung von 12- bis 15-Jährigen.

© REUTERS/Amir Cohen

Vor allem Kinder infiziert: Israels Furcht vor Delta

Im jüdischen Staat galt dank einer effektiven Impfkampagne die Pandemie als überwunden, jetzt registriert Israel mehr als 100. Der Grund: die Delta-Variante.

Die Covid-19-Pandemie in Israel schien bereits Vergangenheit. Mit dem Maskenzwang in Innenräumen fiel vergangene Woche eine der letzten Einschränkungen zum Schutz vor dem Virus. Wie in Zeiten vor der Pandemie drängten sich die Menschen wieder maskenlos in überfüllten Bussen aneinander.

Doch die allgemeine Sorglosigkeit währte nur kurz. Am Samstag meldete das Gesundheitsministerium einen neuen Ausbruch des Virus in einer Schule in Binyamina, einer Kleinstadt nördlich von Tel Aviv.

Mindestens 45 Schüler wurden positiv auf das Virus getestet. Seitdem sind Neuinfektionen an weiteren Schulen bekannt geworden, darunter in Modiin im Zentrum des Landes. Seit Sonntag müssen Schüler und Lehrer in Binyamina und Modiin wieder Masken tragen.

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Die neuen Ausbrüche des Virus haben eine Diskussion über Maskenzwang, Quarantäne und andere Maßnahmen wieder aufleben lassen, die zuletzt aus der Öffentlichkeit verschwunden war – viele hatten gehofft, für immer.

Dank seiner beispiellos effektiven Impfkampagne hatte Israel schon im Frühjahr etliche Beschränkungen aufheben können. Konzerte und Hochzeiten finden seit Monaten wieder statt, ab Anfang Juli sollen geimpfte ausländische Touristen ohne Probleme einreisen können.

Experten fordern rasche Gegenmaßnahmen

Auch der Covid-19-Impfpass, der seinen Trägern zu Beginn der Impfkampagne exklusiven Zugang zu Cafés, Theatern und Fitnessstudios gewährte, hat seit einigen Wochen kaum noch Bedeutung. Inzwischen dürfen auch Ungeimpfte sich wieder nahezu unbeschränkt bewegen.

Nun jedoch fordern mehrere Experten die Wiedereinführung mancher Maßnahmen.

Hezi Levi, Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, empfahl am Sonntag der Bevölkerung, an überfüllten Orten wieder Maske zu tragen. Zudem sprach er sich dafür aus, Israelis, die verbotenerweise in Länder mit hohen Infektionsraten wie Russland oder Indien reisen, zu Strafzahlungen zu verpflichten.

„Wir beobachten eine Krankheit, die zu großen Teilen aus dem Ausland kommt“, sagte er dem israelischen Nachrichtenportal Ynet. „Wir haben die starke Vermutung, auch wenn es noch nicht definitiv feststeht, dass es sich um die Delta-Variante handelt."

Die sogenannte Delta-Variante, die wohl aus Indien stammt, gilt aus wesentlich ansteckender als andere bekannte Mutationen des Virus und verbreitet sich unter jungen Menschen.

[Lesen Sie auch: Werden wir zu leichtsinnig?: Diese Gefahr geht von der Delta-Variante aus (T+)]

Am Montag meldete Israels Gesundheitsministerium 125 Neuinfektionen an einem Tag, die höchste Zahl seit April. Am selben Tag veröffentlichte es eine Empfehlung, so schnell wie möglich Kinder ab zwölf Jahren zu impfen.

Schon Anfang Juni hatte Israel seine Impfkampagne auf diese Altersgruppe ausgeweitet; rund 20.000 Zwölf- bis 16-Jährige haben sich bereits immunisieren lassen. Nun will das Gesundheitsministerium die Geschwindigkeit der Kampagne erhöhen.

An Israels internationalem Flughafen Ben Gurion scheint es mit den Corona-Tests für Einreisende nicht gut zu klappen.
An Israels internationalem Flughafen Ben Gurion scheint es mit den Corona-Tests für Einreisende nicht gut zu klappen.

© Jim Hollander/picture alliance /dpa

Ein Schwachpunkt scheint der internationale Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv zu sein. Offiziell sollen sich dort alle Einreisenden auf Corona testen lassen. Berichten zufolge wirkt die zuständige Firma mit der Aufgabe jedoch überfordert.

Um sich einen Überblick zu verschaffen und gewiss auch, die Bedeutung der Virusbekämpfung zu unterstreichen, hatte Ministerpräsident Naftali Bennett für Montagnachmittag einen Besuch am Flughafen angesetzt, in Begleitung der Minister für Gesundheit und Verkehr.

Zusätzliche Polizeikräfte sollen am Flughafen Einreisende kontrollieren

Bereits am Sonntag hatte er angeordnet, 250 zusätzliche Polizeibeamte dafür einzusetzen, die Quarantäne Wiedereinreisender aus Ländern mit hohen Infektionsraten zu kontrollieren. Außerdem sollen die Kapazitäten für Coronatests am Flughafen ausgeweitet werden.

Vor einem Jahr, damals in der Opposition, hatte Bennett die Regierung unter Benjamin Netanjahu für ihr oft erratisch wirkendes Pandemiemanagement scharf kritisiert.

Er machte konkrete Vorschläge zur Bekämpfung des Virus, gab Pressekonferenzen und zeigte sich derart gut informiert, dass eine führende israelische Wirtschaftszeitung ihn als „leuchtendes Vorbild im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie“ beschrieb. Nun als Ministerpräsident, muss Bennett beweisen, wie viel seine Ideen in der Praxis taugen.

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