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Politik: Geiseldrama: Anti-Terror-Einheit stürmt entführten Bus

Mit einer nur 40 Sekunden dauernden Befreiungsaktion ist am Dienstagabend die Geiselnahme von 30 Businsassen im südrussischen Mineralnyje Wody beendet worden. Kurz nach 20 Uhr Ortszeit entschloss sich die am Nachmittag aus Moskau eingeflogene, 42 Mann starke Gruppe der Anti-Terror-Einheit "Alpha" zur Erstürmung des entführten Fahrzeugs.

Mit einer nur 40 Sekunden dauernden Befreiungsaktion ist am Dienstagabend die Geiselnahme von 30 Businsassen im südrussischen Mineralnyje Wody beendet worden. Kurz nach 20 Uhr Ortszeit entschloss sich die am Nachmittag aus Moskau eingeflogene, 42 Mann starke Gruppe der Anti-Terror-Einheit "Alpha" zur Erstürmung des entführten Fahrzeugs. Dabei wurde der Attentäter erschossen und eine der Geiseln verwundet. Bei dem Attentäter handelt es sich um einen 34-jährigen Tschetschenen, der nach Darstellung russischer Geheimdienste intensive Kontakte zu den Freischärlern in der Rebellenrepublik unterhalten soll.

Der Mann war am Dienstagfrüh um 6 Uhr 30 in einen zur Abfahrt in Newinomysk bereitstehenden Linienbus nach Stawropol, der Hauptstadt der Region, zugestiegen und hatte den Fahrer nach einem Warnschuss an die Decke gezwungen, zum Flughafen Mineralnyje Wody zu fahren. Dort zwangen ihn gegen Mittag auf einer Straßenbrücke in 500 Meter Entfernung vom Flughafengebäude Sondereinheiten von Polizei und Geheimdienst zum Halt. An Bord befanden sich über 40 Geiseln. 13 davon, darunter auch Kinder, ließ der Entführer nach Verhandlungen im Laufe des Tages frei. Zum Zeitpunkt des Sturms sollen sich, wie russische Agenturen meldeten, noch 30 Geiseln im Bus befunden haben.

Der Geiselnehmer hatte sechs Kalaschnikow-Gewehre, Munition und einen Hubschrauber für die Flucht nach Tschetschenien sowie die Freilassung von insgesamt fünf Terroristen gefordert, die im Mai 1994, nach einer Geiselnahme mit fast identischem Szenario und ebenfalls in Mineralnyje Wody zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. Bei Nichterfüllung seiner Forderungen wollte er die Geiseln nach Anbruch der Dunkelheit erschießen.

Staatsnahe russische Medien waren während der insgesamt 13 Stunden des Geiseldramas heftig bemüht, die politische Brisanz der Ereignisse herunterzuspielen. Experten vermuten jedoch die Hintergründe in den Entwicklungen in und um Tschetschenien, dessen nordöstlicher Nachbar die Region Stawropol ist. Russische Geheimdienste hatten in den letzten Tagen in Tschetschenien gleich mehrere Sprengstoffanschläge der Separatisten nach eigener Darstellung in letzter Minute vereitelt.

Experten erklären die Häufung der gewaltsamen Aktionen mit dem bevorstehenden 6. August, an dem sich zum fünften Mal der Tag jährt, an dem Freischärler das angeblich längst befriedete Grosny erneut stürmten und Moskau zwangen, den ersten Kaukasuskrieg zu beenden. Mit den im August 1996 unterzeichneten Abkommen von Hassavyurt bekam Tschetschenien damals de facto die Unabhängigkeit. In der gegenwärtigen Serie von Anschlägen sieht Tschetschenenpräsident Aslan Maschadow nach Meinung von Experten womöglich das letzte Mittel, um Moskau zur Beendigung des zweiten, bereits 22 Monate währenden Tschetschenienkrieges an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Gegenüber friedlichen Protestaktionen der Tschetschenen stellte sich der Kreml bisher taub. Auch die Weltöffentlichkeit sieht tatenlos zu. Ein Brief von Maschadows Außenminister Iljas Achmadow an Bundesinnenminister Otto Schily blieb bisher ohne Antwort.

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