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Politik: Geiseldrama auf Jolo: Orientexperte Udo Steinbach über die Interessen Gaddafis (Interview)

Udo Steinbach (57) ist der Direktor des Deutschen Orientinstituts in Hamburg.Der Zwischenstopp der freigelassenen Geiseln in Tripolis gilt als libysche Medieninszenierung.

Udo Steinbach (57) ist der Direktor des Deutschen Orientinstituts in Hamburg.

Der Zwischenstopp der freigelassenen Geiseln in Tripolis gilt als libysche Medieninszenierung. Was will uns Gaddafi damit sagen?

Er nutzt eben die Gunst der Stunde, um sich wieder hoffähig zu machen.

Welche Interessen verfolgt er dabei?

Wenn man sich überlegt, woher diese Geiseln kommen - nämlich aus Deutschland, Frankreich, Südafrika und Libanon, wird klar, dass er an diesen Ländern ganz bestimmte Interessen hat. Er will eine stärkere Anbindung an Europa, Deutschland ist für ihn die starke Macht in der EU. Zu Frankreich will er eine neue Beziehung aufbauen, denn noch immer schwelt die alte Geschichte wegen des Absturzes der französischen UTA-Maschine, der noch immer nicht aufgeklärt ist. Ähnlich wie bei Lockerbie haben die Franzosen auch hier Tripolis verdächtigt. Zu Südafrika hegt Gaddafi eine besondere Beziehung über die Freundschaft zu Nelson Mandela. Und mit dem Libanon gibt es auch einiges aufzuarbeiten. Gaddafi hat ein schlechtes Gewissen, weil der schiitische Imam Musa Sadr, Vorläufer der Hisbollah, bei einer Reise in Libyen spurlos verschwand. Seitdem sind die Beziehungen stark belastet.

Gaddafi war für den Westen ein Schurke, jetzt hat ihm Kanzler Schröder ausdrücklich gedankt. Hat er dieses Lob verdient?

Ich denke schon, für die humanitäre Geste, die er getan hat. Man muss ihm den Weg zurück in die internationale Gemeinschaft ebnen, so wie wir das auch mit dem Iran tun.

Aber es geht nicht nur um Lob?

Nein, natürlich nicht. Es geht auch um deutsche Wirtschaftsinteressen. Die Deutschen geben sich dort mit anderen Ländern die Klinke in die Hand, weil es großen Nachholbedarf im Handelsaustausch gibt. Die deutsche Diplomatie leistet der deutschen Wirtschaft da große Hilfe, schließlich stehen wir auch in Konkurrenz zu den Mittelmeeranrainern und den USA, was die Wirtschaftsinteressen angeht.

Ist Gaddafi denn glaubwürdiger geworden durch die Vermittlung in der Geiselaffäre?

Er hat seine Lektionen gelernt. Zum einen die Luftangriffe der USA gegen Libyen 1986, wo Gaddafi nur knapp dem Tod entronnen ist. Zum anderen die internationale Isolierung nach Lockerbie. Die terroristischen Aktivitäten sind schon seit damals zurückgegangen. Libyen macht einen ähnlichen Prozess durch wie auch die Führung der Islamischen Republik Iran.

Gibt es denn auch Gründe, zu kritisieren, dass der Westen Libyen wieder hoffähig macht?

Die deutsche Diplomatie sollte etwas zurückhaltender sein, aus zwei Gründen. Erstens ist der Lockerbie-Prozess noch nicht beendet. Wenn sich aber herausstellt, dass Libyen verstrickt war, schmückt es Deutschland nicht besonders, wenn man schon jetzt den Schulterschluss probt. Zweitens ist die Menschenrechtssituation noch immer prekär, denn die innenpolitische Repression im Land hält an.

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