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Geiselnahme: Jemen bestätigt Entführung Chrobogs

Der frühere Krisenmanager im Außenministerium, Jürgen Chrobog, ist im Jemen zusammen mit seiner Familie selbst Opfer einer Entführung geworden.

Berlin - Die Regierung des arabischen Landes bestätigte am Mittwochabend die Geiselnahme, mit der die Kidnapper einen Angehörigen ihres Stammes freipressen wollten. Der Ex- Staatssekretär im Auswärtigen Amt hatte sich in den vergangenen Jahren als umsichtiger Vermittler bei Entführungen deutscher Staatsbürger hervorgetan, zum Beispiel 2003 im Fall der Sahara- Geiseln.

Erst am Freitag waren zwei Österreicher nach einer Entführung im Jemen wieder freigekommen. Wie in diesem Fall hatten Geiselnahmen in dem arabischen Land keinen terroristischen Hintergrund und gingen meist glimpflich aus.

Bis Mittwochabend teilte ein Sprecher des Außenministeriums in Berlin lediglich mit, der 65-jährige Chrobog werde «vermisst». Das jemenitische Tourismusministerium sprach hingegen eindeutig von einer Entführung der fünfköpfigen Familie.

Wie das Innenministerium in Sanaa mitteilte, kennt die Polizei den Aufenthaltsort der gekidnappten Touristen. Die Entführer wollten einen Angehörigen ihres Stammes freipressen, der in der Hafenstadt Aden im Gefängnis sitze. Chrobog war mit seiner Frau und seinen drei Söhnen im Jemen mit einer Reisegruppe unterwegs. Nach dpa- Informationen war der 65-Jährige auf Einladung des ersten stellvertretenden Außenministers - des früheren jemenitischen Botschafters in Deutschland - in den Jemen gereist.

Jemenitische Behörden berichteten, die Geiselnehmer hätten die fünf Reisenden am Mittag zusammen mit ihrem jemenitischen Fahrer aus einem Restaurant an der Straße zwischen der Hafenstadt Aden und der Provinzhauptstadt Schabwa - rund 460 Kilometer östlich von Sanaa - verschleppt. Die Familie ist seit dem 24. Dezember in dem Land im Süden der arabischen Halbinsel mit einer größeren Reisegruppe unterwegs. Bei der Tour waren die Mitglieder der Gruppe jedoch auf verschiedene Fahrzeuge verteilt. Das jemenitische Innenministerium teilte mit, Sicherheitskräfte hätten das Gebiet abgeriegelt, in dem die Entführten vermutet werden.

Das Auswärtige Amt (AA) mahnt in seinen Sicherheitshinweisen für Touristen zur Vorsicht bei Reisen im Jemen. Es bestehe ein allgemeines Risiko terroristischer Anschläge gegen westliche Interessen, heißt es auf der Internetseite des AA. Die jemenitische Regierung bemühe sich seit früheren Anschlägen «mit Nachdruck und gutem Erfolg», die Bevölkerung wie auch Touristen und andere Ausländer vor Gewaltakten zu schützen.

Ein Außenamtssprecher sagte am Abend zum Stand im Fall Chrobog: «Das AA steht mit allen relevanten Stellen in Kontakt und wird alle Anstrengungen daran setzen, die Familie so schnell wie möglich wieder in Sicherheit zu bringen.» AA-Sprecher Martin Jäger hatte am Mittag in Berlin bereits von der Geiselnahme berichtet, ohne jedoch Chrobog zu nennen. Das Auswärtige Amt bildete umgehend einen Krisenstab. Jäger sagte: «Wir wollen für alle möglichen Fälle von Beginn an gewappnet sein.»

Ein Sprecher des deutschen Reiseveranstalters Studiosus in München bestätigte, dass die Reise der Familie von der jemenitischen Abu Taleb Group (ATG) organisiert wurde. Das Unternehmen gelte als seriös. Auch Studiosus arbeite mit der Firma zusammen. Derzeit seien von dem Münchner Veranstalter zwei Reisegruppen im Jemen unterwegs. Abu Taleb sei nach dem Vorfall angewiesen worden, andere Routen zu wählen.

Der Tourmanager von ATG in Sanaa, Mohammed Abdulkarim sagte zu dem Internet-Dienst tagesschau.de, es sei bei der Entführung keine Gewalt angewendet worden. Die Familie Chrobog habe ihm mitgeteilt, dass «die Sache friedlich gegangen» sei.

Chrobog begann seine Diplomatenkarriere Anfang der 70er Jahre. Als Politischer Direktor war er einer der engsten Berater von Außenminister Hans-Dietrich Genscher und auch dessen Nachfolger Klaus Kinkel (beide FDP). 1995 wurde Chrobog Botschafter in Washington, Anfang Juli 2001 Staatssekretär unter Außenminister Joschka Fischer in Berlin. Nach seiner Pensionierung übernahm er den Vorstandsvorsitz der BMW-Stiftung Herbert Quandt. (tso/dpa)

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