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Schon im vergangenen Jahr teilte das Forschungsministerium mit, es bestehe "Prüfungsbedarf".

© dapd

Geld aus dem Bundesforschungsministerium: 1,7 Millionen Euro an ehemaligen Mitarbeiter

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat knapp 1,7 Millionen Euro in die Hand eines Bildungsexperten gegeben, damit er eine PR-Kampagne führt. Das ist wesentlich mehr als üblich, zumal er ein ehemaliger Mitarbeiter einer Behörde im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums ist.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von Annette Schavan (CDU) gibt einem früheren Mitarbeiter aus seinem Zuständigkeitsbereich die ungewöhnlich hohe Summe von 1,6 Millionen Euro für eine PR-Aktion an die Hand. Der Bildungsexperte Reinhard Selka erhält insgesamt 1 678 325 Euro für eine „Koordinierungs- und Beratungstätigkeit im Rahmen der Ausbildungsoffensive des BMBF“ für den Zeitraum von Februar 2006 bis Ende Mai 2012. Gewöhnlich erhalten nur Großeinrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft Beträge in dieser Höhe vom BMBF. Ungewöhnlich ist zudem, dass Selka 25 Jahre lang unter anderem als Bereichsleiter für das Bundesinstitut für Berufsbildung tätig war, das zum Zuständigkeitsbereich des Ministeriums gehört.

Laut Bundeshaushaltsordnung dürfen Ausgaben für „Leistungen an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke“ nur veranschlagt werden, „wenn der Bund an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann“. Selka sei ein „ausgewiesener Berufsbildungsexperte mit besonderen Kenntnissen im Bereich der Ausbildungsberufe des dualen Ausbildungssystems“, so das BMBF.

Laut Finanzierungsplan entfallen von den 1,7 Millionen 211 843 Euro auf „Personalausgaben“ für Selka selbst sowie auf eine „zeitweise personelle Unterstützung“. Von den restlichen knapp 1,5 Millionen Euro durfte Selka „Unteraufträge an Dritte vergeben“, so das BMBF. Wer die Auftragnehmer sind und wohin das Geld im Einzelnen floss, will das Ministerium nicht mitteilen. Es bestehe „Prüfungsbedarf“, teilte das BMBF bereits im vergangenen Juli mit, und später: Man dürfe „keine Auskünfte zu den Verträgen erteilen, die Herr Selka mit Dritten abgeschlossen hat“. Bei diesen handele es sich um „Geschäftsgeheimnisse“. Von Selka war hierzu keine Auskunft zu erhalten.

Das BMBF hatte mitgeteilt, eine „CD- Rom Ausbildung Mechatroniker“ sei eines der „Ergebnisse“ der Selka gewährten Förderung gewesen. Später räumte es ein, dass die CD-Rom zunächst „nicht lieferbar“ sei. Nach Tagesspiegel-Informationen soll das BMBF eine Mängelrüge gegenüber einem Auftragnehmer der Produktion ausgesprochen haben. Erforderliche Nachbesserungen hätten dann die Veröffentlichung verzögert. Das Ministerium bestritt dies auf Anfrage. Inzwischen ist die CD-Rom lieferbar.

Eine weitere von Selka produzierte CD- Rom entstand laut Impressum in „Zusammenarbeit“ mit der VDW-Nachwuchsstiftung. Diese hat der Lobbyverband Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) gegründet. Im Beirat der Stiftung sitzt die Personalleiterin des Werkzeugmaschinenherstellers Trumpf. Die Firma kommt auf der CD-Rom prominent vor. Selka sagt, Trumpf sei ihm „genannt worden, von dem Verband VDW selbst“. Die übrigen Beteiligten bezogen auf Anfrage keine Stellung. Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller gehört, wie auch zwei Staatssekretäre des BMBF, der Wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrates an, dem wichtigsten wissenschaftspolitischen Beratungsgremium der Bundesregierung. Ihr Bruder, Vize-Trumpf-Chef Peter Leibinger, ist Sprecher des Programmausschusses für das BMBF-Förderprogramm „Photonik Forschung Deutschland“. Trumpf-Firmen erhalten für Forschungsprojekte derzeit vom BMBF laufende Förderungen von rund 4,8 Millionen Euro.

Der Grüne Tobias Lindner, im Haushaltsausschuss Berichterstatter für den BMBF-Haushalt, verspürt bei dem Vorgang „einen faden Beigeschmack. Der Frage, ob hier alles mit rechten Dingen zugeht, muss nachgegangen werden. Vom BMBF erwarte ich, dass es die Ergebnisse seiner Prüfung, die es ja scheinbar bereits letztes Jahr angekündigt hatte, darlegt.“

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