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Politik: Geld vom Staat nur noch gegen Leistung?

Regierung und Union streiten, wer für Dauerarbeitslose zahlen soll

Von Antje Sirleschtov

Wenn Regierung und Opposition angesichts von gut vier Millionen Arbeitslosen in Deutschland über die anstehenden Reformen des Arbeitsmarktes diskutieren, dann sind sie sich zumindest in einem einig: Es muss sich etwas ändern. Und auch über das Ziel dieser Änderung gibt es kaum Streit: Alle Langzeitarbeitslosen – ob sie nun heute noch Sozialhilfe erhalten oder Arbeitslosenhilfe – sollen spätestens ab Mitte 2004 gemeinsam betreut werden und ihre Leistungen aus dem Haushalt des Bundes erhalten.

Doch damit hat die Einigkeit im Bundestag auch schon ein Ende. Gut zehn Stunden lang stritten die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses am Mittwoch mit Arbeitgebern, Gewerkschaftern und Experten über die Frage, wer sich in Zukunft um diese Langzeitarbeitslosen kümmern soll, und auch darüber, wie man diesen Menschen am besten (und am preiswertesten) zu einem Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt verhelfen kann.

Zwei grundlegend unterschiedliche Gesetzentwürfe liegen dabei zur Abstimmung am Freitag kommender Woche vor: Zum einen der Regierungsentwurf (Hartz III und Hartz IV). Er verpflichtet die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zur Übernahme der Verantwortung für alle Langzeitarbeitslosen und zum Aufbau von Job-Centern mit den Kommunen und Wohlfahrtsverbänden. Dort sollen die Betroffenen nicht nur qualifiziert und vermittelt werden, dort sollen sie auch soziale Unterstützung erhalten: bei der Kinderbetreuung, der Suchtbekämpfung oder in der Schuldnerberatung.

Auf der anderen Seite steht das Unionskonzept: Es geht davon aus, dass grundsätzlich die Kommunen und Landkreise die Verantwortung für Langzeitarbeitslose tragen. Sie sollen sich der Kompetenz der regionalen Arbeitsämter zwar bedienen, aber letztlich sehr viel stärker bei der Integration der Menschen in Arbeit tätig werden. Kurzum: Die Kommunen sollen gemeinnützige Arbeit vor Ort für die beschaffen, die keine Arbeit in Unternehmen finden. Für diese Arbeit wird den Betroffenen kaum mehr als Sozialhilfe bezahlt. Wer sie verweigert oder bummelt, dem droht Leistungskürzung. Wer einen besser bezahlten Job annimmt, erhält zusätzliches Geld. Den Grundgedanken des Union-Konzeptes erläuterte der CDU-Abgeordnete Karl-Josef Laumann: „Man muss die Schwarzarbeiter jeden Tag gemeinnützig beschäftigen, und zwar so, dass sie wieder richtig Lust auf einen bezahlten Job im ersten Arbeitsmarkt bekommen.“

Welches der beiden Konzepte sich nach der Bundestags- und der Bundesratsabstimmung im Vermittlungsausschuss durchsetzen wird und wie viel Geld die Betroffenen letztlich dann noch erhalten werden, vermögen selbst Experten nicht zu sagen. Auch sie wissen nicht, welche Wirkungen die Konzepte am Ende entfalten werden. Und auch die praktischen Folgen der umfangreichen Veränderung bei der Förderung und Bezahlung von Langzeitarbeitslosen übersehen weder Politiker noch Fachleute wirklich. „Was wir auch tun“, fasste ein Unionsabgeordneter die Debatte am Mittwoch zusammen, „es wird immer ein Risiko bleiben.“

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