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Gemischte Bilanz: Das erste Jahr der EU-Spitzenleute Van Rompuy und Ashton

Während Herman Van Rompuy mit der Euro-Krise „sein“ Thema gefunden hat, tappt man über die strategischen Ziele der Chefaußenpolitikerin Catherine Ashton noch im Dunkeln.

Berlin - Es waren markige Worte, die der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am vergangenen Dienstag wählte, um die Dimension der wieder aufgeflammten Euro-Krise zu beschreiben. Von einer „Überlebenskrise“ sprach der Belgier. Der Kampf um die Stabilität des Euro ist zu einem guten Teil auch Van Rompuys persönlicher Kampf geworden. Genau ein Jahr ist es her, dass sich die Staats- und Regierungschefs der EU darauf einigten, den Belgier zum EU-Ratspräsidenten zu machen. Es war eine von zwei Personalien, auf die sich ein EU-Sondergipfel damals verständigte. Die zweite Entscheidung betraf die Britin Catherine Ashton, die zu Europas neuer Außenbeauftragten nominiert wurde. Und ein Jahr nach der Entscheidung lässt sich bilanzieren: Während Herman Van Rompuy mit der Euro-Krise „sein“ Thema gefunden hat, tappt man über die strategischen Ziele der Chefaußenpolitikerin Catherine Ashton noch im Dunkeln.

Dass der Vergleich zwischen Herman Van Rompuy und Catherine Ashton im Rückblick so ungleich ausfällt, hängt auch mit den unterschiedlichen Startbedingungen der beiden europäischen Spitzenpolitiker zusammen. Der Posten, den Van Rompuy antrat, war völlig neu geschaffen worden; damit hatte der frühere belgische Ministerpräsident die Möglichkeit, dem Amt seinen Stempel aufzudrücken. Catherine Ashton hingegen musste sich an ihren Vorgängern messen lassen – und da war es vor allem der frühere EU-Außenbeauftragte Javier Solana, der ihr große Fußstapfen hinterließ.

Seit die Baronin von Upholland vor einem knappen Jahr ihr neues Amt antrat, bestand ihre Hauptaufgabe in der Schaffung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) – also jener neuen Außenvertretung mit mehr als 3700 Diplomaten, die der Europäischen Union in der Welt mehr Einfluss sichern soll. Nach zähen Verhandlungen mit dem Europaparlament und den Mitgliedstaaten gelang es Ashton schließlich, den EAD auf die Beine zu stellen: Das EU-Parlament gab dem Personalstatut und dem Budget des EAD im vergangenen Monat seinen Segen. Auch wenn Ashton ihre Mission beim Aufbau des EAD erfüllt hat, so bleibt es in den Augen vieler Kritiker doch ein Manko, dass Europas Chefdiplomatin so etwas wie einen roten Faden bislang vermissen lässt. Ashton habe „keine strategische Vision von europäischer Außenpolitik“, glaubt etwa Janis Emmanouilidis vom Brüsseler Think Tank European Policy Centre.

Sehr viel milder fällt in den Augen vieler Beobachter im Rückblick das Urteil über den Ratschef Van Rompuy aus. Seit er Mitte Februar zum ersten Mal zu einem informellen Gipfel in die noble Brüsseler Bibliothèque Solvay einlud, ist er nach und nach in seine Rolle als Mittler zwischen den EU-Mitgliedstaaten hineingewachsen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass Van Rompuy vor allem auch auf die größte Volkswirtschaft in der EU – Deutschland – Rücksicht nehmen muss. Allen Beteiligten ist klar, dass an Kanzlerin Angela Merkel kein Weg vorbeiführt, was auch immer in Brüssel im Kreis der 27 Mitglieder entschieden wird. Zuletzt erhielt Van Rompuy beim letzten EU-Gipfel nicht zuletzt von Merkel den Auftrag, mit den Mitgliedstaaten über einen dauerhaften Mechanismus zur Rettung gefährdeter Euro-Staaten zu beraten, der auch eine Beteiligung privater Gläubiger vorsehen soll. Van Rompuy steht dabei wohl vor seiner bislang schwierigsten Aufgabe.

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