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Politik: Genforschung: Einig im Wartestand

Vielleicht lag es daran, dass der Kanzler so froh war über den Kompromiss. Jedenfalls durften nach der Koalitionsrunde am späten Montagabend auch die Grünen mit dabei sein beim "gemütlichen Teil" im ungemütlichen Kanzleramt: Nach den Verhandlungen über embryonale Stammzellen bat der Kanzler in seine Privatgemächer.

Vielleicht lag es daran, dass der Kanzler so froh war über den Kompromiss. Jedenfalls durften nach der Koalitionsrunde am späten Montagabend auch die Grünen mit dabei sein beim "gemütlichen Teil" im ungemütlichen Kanzleramt: Nach den Verhandlungen über embryonale Stammzellen bat der Kanzler in seine Privatgemächer. Erstmals durften auch die Grünen noch etwas länger bleiben. Die Spitzen der Koalition hatten Grund zu feiern: Der drohende Koalitionsstreit über den Import von embryonalen Stammzellen ist abgewendet. Vorerst.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik Am Dienstag dann der nächste Erfolg für die Bundesregierung in der StammzellenKontroverse: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist ihrer Bitte nachgekommen und hat den Förderungsantrag des Bonner Neurowissenschaftlers Oliver Brüstle zunächst vertagt. Der will die umstrittenen Stammzellen aus Israel importieren und hofft auf Finanzspritzen der DFG. Brüstle wartet bereits seit Herbst auf eine Antwort. Jetzt muss er sich sechs weitere Monate gedulden, denn der DFG-Hauptausschuss beschloss, eine Entscheidung bis zur nächsten Sitzung im Dezember zu vertagen.

Auch die Koalition einigte sich aufs Abwarten. Der erst kurz vor Mitternacht gefundene Kompromiss sieht vor, die Stellungnahmen des Nationalen Ethikrats sowie der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" abzuwarten, ehe im Bundestag über die Forschung an embryonalen Stammzellen entschieden wird. Jedoch soll sich das Parlament noch in diesem Jahr damit befassen. SPD und Grüne appellieren "an Wissenschaftler und Forschungsinstitutionen", vorher nicht aktiv zu werden.

Schließlich einigten sich beide auch darauf, den Antrag der Union auf ein vorläufiges Moratorium für den Stammzellenimport abzulehnen. Die Koalitionäre hatten darin vor allem den Versuch gesehen, dass in der Importfrage gespaltene rot-grüne Bündnis in Verlegenheit zu bringen. Falle erkannt, Problem entschärft: Wenn das Parlament am Donnerstag über den Unionsantrag debattiert, können SPD und Grüne nun mit einem eigenen Antrag wedeln.

Ein Erfolg ist der Kompromiss vor allem für die Gen-Expertinnen Margot von Renesse (SPD) und Andrea Fischer (Grüne), die in den vergangenen Tagen genau diese Regelung vorbereitet hatten. Wo aber liegen die Unterschiede zwischen dem Unions- und dem Koalitionsantrag? Unions-Fraktionsvize Maria Böhmer (CDU) wies am Dienstag darauf hin, dass auch ihr Moratorium noch keine Entscheidung in der Sache bedeute. Das ist beim Regierungsantrag genauso. Dennoch hält Böhmer die Regierungshaltung für "nicht überzeugend". Andrea Fischer betonte indessen, dass ihr Antrag sich auf den Bundestag konzentriere, den Souverän. Dagegen fordere die Union die Bundesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass es vorerst nicht zu Stammzellen-Importen komme. "Sollen wir etwa mobile Eingreiftruppen in alle deutschen Labors schicken?", fragt die frühere Gesundheitsministerin.

Nach der vorläufigen Entschärfung der Stammzellen-Mine bleibt nun die Frage spannend, in welcher Form sich der Bundestag im Herbst mit dem Thema befassen will. Wird er eine Entscheidung pro oder contra Stammzellenimport fällen? Mit einer Änderung des Embryonenschutzgesetzes oder ohne? "Da habe ich jetzt zum Glück eine ganze Sommerpause Zeit, drüber nachzudenken", sagt Andrea Fischer. Und lacht.

Markus Feldenkirchen

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