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Politik: Gentechnik: § 218 auch für Embryonen im Reagenzglas

Es wirkte wie eine Inszenierung. Nachdem sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und die neue Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in den letzten Wochen für eine offenere Linie bei der Gentechnik ausgesprochen hatten, traf sich die SPD-Bundestagsfraktion am Freitag und Samstag mit führenden deutschen Genforschern, um sich über die neuen Möglichkeiten der Biomedizin zu informieren.

Es wirkte wie eine Inszenierung. Nachdem sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und die neue Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in den letzten Wochen für eine offenere Linie bei der Gentechnik ausgesprochen hatten, traf sich die SPD-Bundestagsfraktion am Freitag und Samstag mit führenden deutschen Genforschern, um sich über die neuen Möglichkeiten der Biomedizin zu informieren. Ort der Handlung: Das renommierte Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch. Doch Fraktionsvize Michael Müller hatte mit der Vorbereitung der Veranstaltung schon vor Monaten begonnen, lange bevor die Kabinettsumbildung, das Ringen um eine neue Linie und die britische Erlaubnis für Forschungen mit embryonalen Stammzellen auch nur in Sicht war.

Doch Fraktionsvorsitzender Peter Struck nutzte die Gelegenheit, die Fraktion einzuschwören. "Darf der Mensch alles, was er kann?", nahm der geübte Stratege zwar Befürchtungen und Widerstände aus der Fraktion auf. Doch nur, um gleich weiterzufragen: "Und dürfen wir etwas lassen, obwohl wir damit Menschenleben retten könnten?" Von Biotechnologie als "Wirtschaftsfaktor ersten Ranges" und der Aufholjagd zur USA seit Antritt der rot-grünen Bundesregierung auf diesem ökonomischen Feld war da die Rede. "Je offener der Dialog, desto breiter wird auch der Konsens sein", wünschte sich der Fraktionschef noch zum Schluss.

Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) nahm den Faden auf und zeigte pragmatische Lösungen bei Reizthemen wie Gentests an im Reagenzglas erzeugten Embryonen und Stammzellenforschung auf. "Ich persönlich sehe einen Widerspruch, wenn Gentests beim Embryo genetisch vorbelasteter Eltern erlaubt sind, bei einer Befruchtung im Reagenzglas aber nicht." Bulmahn schlägt vor, dass dafür künftig die gleichen Indikationen gelten wie bei einer Abtreibung. Der Paragraph 218 sieht einen straffreien Abbruch vor, wenn das Kind absehbar schwere Schäden haben wird. Nur 50 Eltern pro Jahr wären von der Regelung betroffenen, wurde vermutet. Wenn denn ein Schwangerschaftsabbruch nötig wird, dann so früh wie möglich, meinte die Ministerin.

Bei der Forschung an Stammzellen will sich Bulmahn von den Briten nicht unter Druck setzen lassen. Die Forschung an diesen Alleskönnern unter den Zellen ist auch in Deutschland erlaubt - aber nur an Stammzellen von Erwachsenen. Damit stimmt Bulmahn zwar mit Bundeskanzler und Gesundheitsministerin überein. Doch im Kabinett hat Justizministerin Herta Däubler-Gmelin den Part der früheren Grünen-Gesundheitsministerin Fischer übernommen und lehnt solche Gentests ab.

Die Fraktion indes diskutierte äußerst sachlich und nahm die Vorträge der Wissenschaftler vom deutschen Human-Genom-Projekt interessiert zur Kenntnis. Im Gläsernen Labor konnten sich die Abgeordneten dann selbst ein Bild von der Arbeit im Genlabor machen - und Nektarinen pürieren, um die Erbinformation DNA zu isolieren.

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