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© dpa

Georgien: Ausgezeichnet! Aber warum?

Ex-US-Präsidentschaftskandidat John McCain hat den höchsten Staatsorden Georgiens bekommen. Nach dieser Auszeichnung und dem Friedensnobelpreis für Barack Obama fragt Stephen Bench-Capon, nach welcher Willkür internationale Ehrungen eigentlich verteilt werden.

Manchmal ist es klar, warum jemand einen Preis erhält. Lionel Messi, der 2009 mit dem FC Barcelona sechs Trophäen holte und vergangene Saison 38 Tore schoss, ist ziemlich unumstritten Weltfußballer des Jahres. Bei Barack Obama und dem Friedensnobelpreis war es weniger eindeutig. Und jetzt wird Obamas Gegenüber im Präsidentschaftswahlkampf , John McCain , zum georgischen Nationalhelden ernannt. Warum bekommen Staatsleute eigentlich solche Preise?

Der Grund für Obamas Auszeichnung war „sein außergewöhnlicher Einsatz zur Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern“. Konkret heißt das: Er hat Reden gehalten, wie die am 4. Juni 2009 in Kairo, in denen er sich stark von der Politik der Bush-Ära distanzierte. Er appellierte immer wieder an die Zusammenarbeit auf der Grundlage gemeinsamer Werte. Belohnt wurden also Hoffnung, Vorhaben und gute Absichten.

Wie hat denn der republikanische Senator von Arizona den höchsten Staatsorden Georgiens erworben? Er mag die Russen nicht. Schon lange vor dem Südossetienkonflikt wollte er Russland aus der G8 rausschmeißen und ähnlich wie Obamas Hoffnung auf „Change“ durch die Welt strahlte, so gab McCain dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili die Hoffnung, dass die USA ihn gegen die Russen unterstützen würden.

Als Präsident hat Obama die Chance, „Change“ durchzusetzen. Und mit dem Südossetienkrieg im August 2008 hatte McCain die Chance, sein Heldentum zu beweisen. Natürlich flog er nicht nach Georgien, um bei dem Bombardement von Zchinwali mitzuhelfen - er war mit seinem Wahlkampf beschäftigt. Aber die Bedeutung der Sache ging nicht an ihm vorbei. Er beschrieb den Konflikt als „wahrscheinlich die erste ernste Krise auf internationaler Ebene seit dem Ende des Kalten Krieges.“ Irak, Darfur, Kosovo und Afghanistan sagen ihm offensichtlich wenig, aber von diesen Ländern hat er auch keinen Orden bekommen – also Schwamm drüber. Im Dienste Georgiens hat er während des Kriegs seine Solidarität betont: „Heute sind wir alle Georgier.“ Saakaschwilis Antwort darauf: „sehr nett..., das zu hören, aber... es ist Zeit, weiter zu gehen: von Worten zu Taten.“ Taten konnte McCain allerdings nicht bewirken. Präsident war (und wurde) er nicht und auch wenn er Staatschef geworden wäre, hätte er den Senat von der Vernunft einer Mobilisierung der US-Streitkräfte gegen die des Kremls wohl kaum überzeugen können. Doch auch wenn er Georgien praktisch nicht helfen konnte, gingen dank russlandfeindlichen Äußerungen seine Umfragewerte im eigenen Lande nach oben. McCain hat also den Georgiern Hoffnung gegeben und, als es zur Sache kam, die Situation für die eigenen Zwecke instrumentalisiert. Heldenhaft. Obama sprach in seiner Dankesrede in Oslo die Kontroverse an, dass dem Oberbefehlshaber eines Landes, das mitten in zwei Kriegen steckt, ein Friedenspreis verliehen wird. McCains Dankesrede war weniger kompliziert: Er lobte einfach „die Freundschaft zwischen zwei führenden Personen“ und „die Partnerschaft und Solidarität zweier Nationen“. Die Freundschaft zwischen dem Senator und dem georgischen Präsidenten kann man nicht bezweifeln. Auf Saakaschwilis Webseite liest man, wie er 2005 von McCain als Friedensnobelpreisträger nominiert wurde. Erwähnt wurden seine „Ablehnung der Gewalt“ und dass „Georgier jetzt auf friedliche Weise die komplizierten ethnischen und sozialen Probleme“ ihres Landes lösen. Damals war ja vieles anders. In dem Jahr ging der Friedensnobelpreis an die Internationale Atomenergieorganisation und ihren Vorsitzenden Mohammed al Baradei. 2008, als der finnische Ex-Präsident Martti Ahtisaari die Ehre bekam, gewann die Auszeichnung ebenfalls weniger globale Aufmerksamkeit als 2009, als dank Barack Obama alle Welt den Nobelpreis diskutierte. Ob verdient oder nicht - man schaut dahin, wo Obama steht. Vielleicht wollte diesmal auch Saakaschwili bloß die Augen der Welt auf Georgien lenken. Eine andere Motivation wird nicht klar. Mit der Auszeichnung von Obamas Erzfeind wird er jedenfalls nicht viele Freunde gewinnen. Eine beliebtere Persönlichkeit zu ehren hätte ihm vielleicht mehr Zuneigung gebracht, aber Tiflis hat ja bereits eine Straße, die „President George W. Bush Street“ heißt.

Stephen Bench-Capon

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