zum Hauptinhalt

Georgien-Konflikt: Russland schaltet UN ein

Im jüngsten Streit mit Georgien um die Festnahme mehrerer russischer Offiziere hat Russland den UN-Sicherheitsrat angerufen. Moskau zieht inzwischen diplomatisches Personal aus Tiflis ab.

Tiflis - Das höchste UN-Gremium müsse Georgien "in die Schranken weisen", sagte UN-Botschafter Witali Tschurkin in New York. Die russische Regierung begann unterdessen damit, ihr Botschaftspersonals aus der georgischen Hauptstadt Tiflis in Sicherheit zu bringen. Georgiens Präsident Michail Saakaschwili warf der russischen Regierung "Hysterie" vor und versicherte, dass Russen in Georgien keine Gefahr drohe. Die Bundesregierung und die Nato zeigten sich besorgt über die jüngste Eskalation, die am Mittwoch mit der Festnahme von vier russischen Offizieren unter Spionageverdacht in Tiflis begonnen hatte.

Im Laufe des Tages sollten etwa hundert russische Botschaftsmitarbeiter und deren Angehörige aus Tiflis ausgeflogen werden, sagte Botschaftssprecher Michail Swirin. In Georgien bestünden "glaubhafte Sicherheitsrisiken". Bereits am Vortag hatte Russland seinen Botschafter aus Tiflis zurückbeordert und die Vergabe von Visa an Georgier gestoppt. Georgische Polizeieinheiten hielten das Hauptquartier der russischen Armee in Tiflis umstellt; sie vermuten, dass sich auf dem Gelände ein weiterer der Spionage verdächtiger Offizier versteckt. Die vier festgenommenen Offiziere wurden derweil einem Richter vorgeführt, wie das Innenministerium in Tiflis mitteilte.

"Ernste Provokationen"

Beim Sicherheitsrat in New York brachte der russische UN-Botschafter Tschurkin den Entwurf für eine Resolution in Umlauf, mit der das Vorgehen der georgischen Regierung verurteilt werden soll. Russland habe die Mitglieder des Gremiums auf die "ernsten Provokationen" der georgischen Behörden hingewiesen, sagte Tschurkin.

Die Nato und die Bundesregierung riefen Georgien und Russland zur Mäßigung auf. "Wir sehen die Entwickung natürlich mit Sorge", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger, in Berlin. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer riet den beiden Ländern am Rande des Treffens der Nato-Verteidigungsminister mit ihrem russischen Kollegen Sergej Iwanow im slowenischen Portoroz zur Deeskalation.

Saakaschwili begreift die Hysterie nicht

Der georgische Präsident Saakaschwili zeigte sich verwundert über die Reaktion Moskaus. "Ich begreife diese Hysterie nicht, es gibt keinerlei Risiko für die Sicherheit russischer Familien in Georgien", sagte er vor Journalisten. Georgien halte sich an geltende Gesetze und schütze seine Souveränität. "Das ist etwas, das alle demokratischen Staaten tun."

Georgische Sicherheitskräfte hatten am Mittwoch vier russische Armeeoffiziere festgenommen und das Hauptquartier der russischen Streitkräfte in Tiflis umstellt. Georgien wirft den Offizieren Spionage vor, Moskau bestreitet dies. Russland unterhält bis heute zwei Militärstützpunkte in der früheren Sowjetrepublik Georgien. Einem bilateralen Abkommen zufolge sollen sie bis 2008 geschlossen werden.

Tiefpunkt in russisch-georgischen Beziehungen

Die jüngsten Spannungen zwischen Russland und Georgien sind ein neuer Tiefpubkt in den Beziehungen, seit sich Georgien 1991 von Moskau lossagte. In dem anschließenden georgischen Bürgerkrieg hatte Moskau die Abspaltung der Regionen Abchasien und Südossetien unterstützt, die sich bis heute der Zentralregierung in Tiflis widersetzen. Tiflis beschuldigt Moskau, die Unabhängigkeitsbestrebungen der beiden Teilrepubliken zu unterstützen.

Nach dem Amtsantritt Saakaschwilis vor drei Jahren verschlechterten sich die Beziehungen weiter: Der Präsident strebt eine enge Anbindung Georgiens an den Westen und einen Beitritt zur NATO an. Russland hingegen sieht den Kaukasus traditionell als seine Einflusssphäre.

(tso/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false