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Geplantes Atomendlager: Studie nennt Gorleben "explosiv"

Nach einem Aktenfund sehen Umweltschützer den Standort für eine Atomendlager in Gorleben vor dem Aus. Bei dem Salzstock gibt es Öl- und Gasvorkommen.

Während die Bundesregierung die Möglichkeit zur Enteignung von privaten Grundbesitzern in Gorleben im neuen Atomgesetz festschreiben will, sehen Umweltschützer den Standort nach neuen Aktenfunden am Ende. Denn im Bereich des Salzstocks Gorleben-Rambow befinden sich offenbar große Gas- und auch Ölvorkommen. Bei einer Bohrung gab es vor Jahrzehnten einen Toten und Verletzte. „Gorleben ist hochexplosiv“, warnt die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Die Linke im Bundestag spricht von einer „Zeitbombe, die in Gorleben tickt“.

Bislang unter Verschluss gehaltenen Akten zufolge suchten DDR-Betriebe seit Mitte der 50er Jahre in dem Salzstock, der sich beiderseits der Elbe ausbreitet, nach Gas und Öl. Auch bei Lenzen, nur einen Kilometer vom Fluss entfernt in Brandenburg gelegen, wurde gebohrt. In knapp 3500 Metern Tiefe stießen die Techniker auf ein Gas-Laugen-Gemisch. Die Bohrstelle explodierte am 25. Juli 1969. Das Gasgemisch hatte sich am glühenden Auspuff eines Antriebsmotors entzündet. Der Bohrstellenleiter starb, sechs Arbeiter wurden schwer verletzt.

Ein von ehemaligen Beschäftigten des „VEB Erdöl und Erdgas“ veröffentlichtes Buch zitiert den Leiter einer Nachbarbohrung: „Die Hitze war unvorstellbar. In den Wagen schmolzen die Glasscheiben. In der Schmiede explodierten Gasflaschen. Die Kastenprofile des Bohrgerüsts verformten sich zu aufgeblasenen Luftballons.“ Auch eine weitere Bohrung musste wegen unbeherrschbarer Bedingungen abgebrochen werden. Insgesamt wurden alleine bei Lenzen zwischen 1954 und 1972 drei Tiefbohrungen in den Salzstock getrieben.

Der Geologieprofessor Klaus Duphorn hat im Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestages berichtet, dass das Erdgas- und Erdölreservoir im Salzstock mindestens 100 000 bis eine Million Kubikmeter groß ist. Duphorn beruft sich auch auf ihm überlassene Akten eines Geologen aus Schwerin über die Gas- und Ölbohrungen in der DDR. Die Vorkommen bedeuteten für ein mögliches Atommülllager eine große Gefahr. „Duphorn bezeichnete die Erdgasvorkommen als das akute Hauptproblem Nr.1, die das Projekt Gorleben zum Scheitern bringen werden“, so ein Ausschussmitglied.

Die Bürgerinitiative drängt auf die Aufgabe des Standortes. Doch danach sieht es nicht aus: In den nächsten Tagen werden die Niedersächsischen Bergbehörden den alten Rahmenbetriebsplan von 1982 verlängern, um ab Oktober den Ausbau des Salzstocks wieder aufnehmen zu können. Dabei will der Bund auch keine Rücksicht mehr auf die sogenannten Salzrechte von privaten Grundstückseigentümern nehmen. Für die Errichtung von Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle und die Standorterkundung „ist die Enteignung zulässig“, heißt es im Entwurf zum neuen Atomgesetz, den das Bundeskabinett am 28. September beschließen will. Rot- Grün hatte die Enteignungsregelungen 2002 abgeschafft.

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