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Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, fordert in der Flüchtlingskrise ein Stoppsignal von der Bundeskanzlerin.

© dpa

Gerda Hasselfeldt: Rückzug mit Anstand

Vom bayerischen Polterstil hält sie wenig: Die CSU-Landesgruppenchefin hört auf mit der Politik. Ein Porträt.

Von Robert Birnbaum

Sie wollte die Neuigkeit am Mittwochabend den Leuten im Wahlkreis zuerst verkünden. Gerda Hasselfeldt hält nämlich auf Form, aus Prinzip und aus Vernunft. Aber die Nachricht, dass die Statthalterin der CSU in Berlin zum Ende der Wahlperiode aus der Politik ausscheiden wird, war dann doch früher in der Welt, nachdem sie am Montag korrekterweise ihren Parteivorsitzenden vorab unterrichtet hatte. Die Durchstecherei dürfte sie geärgert haben; gewundert wohl kaum. In der CSU sähe inzwischen mancher Hasselfeldt lieber heute als morgen gehen.

Der Balanceakt ist anstrengend geworden

Den Gefallen tut sie solchen freilich nicht. Die 65-jährige findet drei Jahrzehnte in der Politik genug, in denen sie zwei Mal Ministerin war – für Bau von 1989 bis 1991 und für Gesundheit bis 1992 – und sechs Jahre Vizepräsidentin des Bundestags. Aber ihr letztes Amt als Landesgruppenchefin will sie bis zum Schluss ausüben.
Der Job ist einer der schönsten und der kompliziertesten zugleich. Man gerät da leicht in alle Konflikte zwischen München und Berlin, zwischen CSU und CDU. Hasselfeldt quittiert aber Mitleidsbekundungen normalerweise mit einem derart verschmitzten Lächeln, dass man gar nicht anders kann als zu denken, dass ihr der Platz zwischen den Stühlen Spaß macht.
Seit Horst Seehofer den Flüchtlingsstreit mit Angela Merkel zum Prinzip erhoben hat, ist der Balanceakt allerdings anstrengend geworden. Hasselfeldt hält vom bayerischen Polterstil generell wenig und von Seehofers persönlich gefärbten Angriffen auf die Kanzlerin gar nichts, zumal sie weiß, dass Merkel auf Druck bloß bockig reagiert. Die Landesgruppenchefin setzt auf die leise, aber beharrliche Kraft des Arguments.

Hasselfeldt hielt sich noch nie für unersetzlich

Das bringt sie, die Integre, bei manchen in den Verdacht der Kollaboration mit der Kanzlerin. Sogar Seehofer selbst drohte vor Kurzem mit häufigeren Berlin-Besuchen zwecks Verdeutlichung der einzig wahren CSU-Position. Dabei hatte der Parteichef Hasselfeldt als Überraschungskandidatin in das Amt gebracht, als sich nach der Bundestagswahl gleich fünf CSU-Männer um den vakanten Posten rauften. Ihr Entschluss, mit der Politik aufzuhören, war unabhängig von diesen Querelen. Vielleicht haben sie ihn erleichtert. Aber Hasselfeldt hielt sich sowieso noch nie für unersetzlich. Und dass sie ihr Ausscheiden jetzt bekannt gibt, hat schlichte Gründe: Im Wahlkreis beginnt die Kandidatenkür für die Bundestagswahl. Sie wollte Raum und Klarheit schaffen für die neue Generation.

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