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Eine Erzieherin geht im Kindergarten mit zwei Kindern über den Flur der Einrichtung.

© Jan-Philipp Strobel / dpa

Gerechte Förderung von Kleinkindern: Warum Gebildete auf Plätze in der Kita-Ganztagsbetreuung verzichten sollten

Kinder aus bildungsfernen Familien profitieren besonders von pädagogischer Betreuung. Doch ausgerechnet für sie gibt es oft keine Kita-Plätze. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle über einen Generationenkonflikt geschrieben, der sich aus der Vorruhestandsneigung der geburtenstarken Jahrgänge ergibt. Viele von Ihnen haben daraufhin den Vorwurf erhoben, es würde hetzerisch ein Konflikt konstruiert. Ich bin, wie Sie sich vorstellen können, anderer Ansicht. Man muss Konfliktlinien erkennen, um gut damit umgehen zu können.

Deshalb will ich Ihnen heute einen weiteren Generationenkonflikt vorlegen, der im Verborgenen lauert: Wenn es um die Verteilung von Ganztagsplätze in Kindergärten geht, haben erwerbstätige Eltern die Nase vorn. Kinder aus bildungsfernen und erwerbslosen Familien dagegen müssen mit einem Halbtagsplatz vorliebnehmen, wenn die Plätze knapp sind.

Längsschnittstudien verschiedener US-Forscher zeigen, dass vor allem diese Kinder von einer frühen und pädagogisch ausgezeichneten Betreuung profitieren würden. Sie sind im späteren Leben seltener krank oder drogenabhängig als Kinder aus vergleichbaren Familien ohne Betreuungsplatz. Sie werden seltener straffällig, machen bessere Schulabschlüsse, gehen häufiger zur Universität, halten in ihre Arbeitsstellen erfolgreicher durch. Sie tragen also auch eher zu einer guten Entwicklung der Gesellschaft bei, als ihr anderenfalls zur Last zu fallen.

Laut den Studien ist es hingegen für die weitere Entwicklung von Kindern aus gebildeten Familien völlig egal, ob sie einen Platz bekommen oder nicht. Sie werden zuhause sogar oft noch besser gefördert.

Eine generationengerechte Vergabe-Leitlinie würde Kinder aus bildungsfernen Familien bevorzugen. Gegenwartsbezogene Entscheider machen es aber anders. Sie sorgen dafür, dass beide Eltern arbeiten und Karriere machen können. Sie helfen so, die aktuellen Arbeitsmarktprobleme zu lösen.

Am besten wäre es, es gäbe Ganztagsplätze für alle. Aber bis es so weit ist? Ich bin der Auffassung, dass es richtig wäre, der nächsten Generation die Wege frei zu räumen und eher für die eigene Alterskohorte Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Mal ganz zurückhaltend formuliert.

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