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Politik: Geschäft mit der Verzweiflung Bundesagentur hilft unseriösen Jobvermittlern

Berlin - In die Dominikanische Republik sollte es gehen. Weg aus Deutschland, weg aus dem Land, in dem es für Menschen wie Marcus Igla scheinbar keine Perspektiven mehr gibt.

Berlin - In die Dominikanische Republik sollte es gehen. Weg aus Deutschland, weg aus dem Land, in dem es für Menschen wie Marcus Igla scheinbar keine Perspektiven mehr gibt. „Das ist meine große Chance“, sagte sich Igla damals. Heute, rund vier Monate später, sagt er: „Einen Arbeitslosen so abzuzocken, das ist eine absolute Sauerei.“

Doch der Reihe nach: Ende 2004 fand Marcus Igla aus dem baden-württembergischen Nattheim im Online-Stellenmarkt der Bundesagentur für Arbeit (BA) ein viel versprechendes Jobangebot. Ein deutsches Unternehmen suchte für ein Projekt in der Dominikanischen Republik einen Betriebssanitäter. Alles ging ganz schnell, viel einfacher als bei den bisherigen Bewerbungen. Eine E-Mail an den Arbeitgeber, Vorstellungsgespräch – und schon hatte Igla die Zusage. Allerdings sollte er noch 1000 Euro als „Sicherheitsleistung“ für den vom Arbeitgeber finanzierten Flug hinterlegen. Nach Ankunft am Einsatzort bekomme er das Geld zurück, hieß es. Igla überwies die 1000 Euro. Dann tauchte der angebliche Arbeitgeber unter.

Seit Ende 2003 können Firmen ihre Jobangebote direkt in den Online-Stellenmarkt der BA eingeben. „Wir wollen so eine möglichst schnelle und unbürokratische Vermittlung ermöglichen“, sagt Fritz Weymann von der Bundesagentur. „Da ist auch dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.“ Zwar würden alle Angebote von einer Arbeitsgruppe überprüft. „Ob es sich aber um einen unseriösen Arbeitgeber handelt, lässt sich aus der Anzeige oft nicht erkennen.“

Konkrete Zahlen, wie viele dubiose Angebote sich auf dem Online-Stellenmarkt befinden, gibt es nicht. Fest steht aber: Für unseriöse Jobanbieter ist die Rekordarbeitslosigkeit in Deutschland von Vorteil. „Wir stellen fest, dass die Zahl der unseriösen Angebote deutlich zugenommen hat“, sagt Petra von Rhein von der Bundesverbraucherzentrale. „Viele Menschen befinden sich in finanziellen Notlagen. Diese Situation nutzen unseriöse Anbieter aus.“

Inzwischen schalten dubiose Firmen nicht nur Inserate, sie treten auch gezielt an Arbeitslose heran – ebenfalls mit Hilfe der Online-Börse der BA. Wie im Fall von Matthias M. aus der Nähe von Köln. M. ist auf dem BA-Online-Stellenmarkt als arbeitsloser Bauarbeiter registriert. Vor einigen Wochen bot ihm eine Firma telefonisch einen Job als Berater in der Baubranche an. Verdienst: bis zu 4000 Euro im Monat, Dienstwagen inklusive. Allerdings müsse er zunächst an zahlreichen Schulungen teilnehmen. Kosten pro Seminar: 300 Euro. Matthias M. lehnte ab. „Das war total unseriös. Und so was läuft übers Arbeitsamt.“

Marcus Igla musste für die 1000 Euro „Sicherheitsleistung“ ein Darlehen aufnehmen – bei der BA. Von der Behörde verlangt er jetzt, dass er das Geld nicht zurückzahlen muss. „Das ist ja wohl das Mindeste.“ Bei der BA heißt es: Der Vorgang wird geprüft.

Johannes Keienburg

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