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Politik: Geschätzt, verschätzt

Die Regierung lobt Roland Kochs Kooperationsbereitschaft. In der Union stößt sein Steuervorschlag auf Widerstand.

Roland Koch verabschiedet sich rechtzeitig in den Urlaub. Wenn am Mittwoch der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat über die Steuerpolitik verhandelt, wird der hessische Ministerpräsident nicht dabei sein. Sollten sich die Unterhändler von SPD und Union dann nicht auf den Kompromissvorschlag einigen, den CDU-Mann Koch vergangene Woche mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) ausgetüftelt hat, muss der Hesse zumindest nicht dabeisitzen.

Denn in der CDU-Spitze stößt Kochs Steuerkompromiss auf erheblichen Widerstand. Parteichefin Angela Merkel brachte das nach den Sitzungen der Parteigremien am Montag auf die diplomatische Formel: Der Kompromiss könne zwar eine „Grundlage für Verhandlungen“ im Vermittlungsausschuss sein. Er werde aber sicher nicht das Ergebnis darstellen. Und das sehe auch Koch so, stellt Merkel klar – bemüht, ihren hessischen Konkurrenten nicht bloßzustellen.

In der CDU hieß es am Montag, Koch habe die Ablehnung seines Kompromissvorschlages „möglicherweise unterschätzt“. Kritik gibt es nach Merkels Worten vor allem an der geplanten Verschärfung der Abschreibungsregelungen sowie an der Abschaffung der so genannten Mehrmütter-Organschaft. Diese Rechtskonstruktion ermöglicht die Verrechnung von Verlusten zwischen Unternehmensteilen. So können Steuern gespart werden. Sowohl der baden–württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) als auch Thüringens Landesvater Bernhard Vogel (CDU) drängten auf Änderungen.

Unstrittig in der Union ist die geplante Änderung der Körperschaftssteuer, die als „notwendige Korrektur der rot-grünen Steuerreform“ verkauft wird. Danach soll es Unternehmen drei Jahre lang verboten werden, alte Steuerguthaben auf einbehaltene Unternehmensgewinne bei den Finanzämtern einzulösen. Das soll in diesem Zeitraum zusätzliche Steuereinnahmen von je rund zwei Milliarden Euro bringen. Merkel rechtfertigt das damit, dass die Körperschaftssteuer in den Kommunen eine „Auszahlungssteuer“ geworden sei.

Offen ist, ob dem Staat mit den Steuerkompromissen, die Mittwoch verhandelt werden sollen, in diesem Jahr sogar mehr Einnahmen zufließen als ursprünglich im „Steuervergünstigungsabbaugesetz“ von Finanzminister Hans Eichel vorgesehen waren. Der Vorschlag von Steinbrück und Koch umfasst etwa 4,4 Milliarden Euro. Eichel selbst rechnete in diesem Jahr nur mit Mehreinnahmen in Höhe von etwa 3,5 Milliarden Euro.

Auch wenn Koch in der kommenden Sitzung des Vermittlungsausschusses nicht anwesend sein wird, setzt die Regierungsseite auf seine Kooperationsbereitschaft. Ein Verhandlungsteilnehmer berichtet, Koch habe in den bisherigen Gesprächen signalisiert, dass man über den jetzt vorliegenden Vorschlag hinaus weitere Steuerlücken schließen müsse, um der Finanzsituation von Ländern und Kommunen Rechnung zu tragen.

Die FDP rät derweil den Landesregierungen, an denen sie beteiligt ist, die Steuererhöhungen abzulehnen. Zur Koalitionsfrage solle es deswegen aber nicht kommen, so FDP-Chef Guido Westerwelle. Verhindern kann die FDP einen Kompromiss zwischen SPD und Union ohnehin nicht.

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