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Politik: Geschätztes Geld

In der Koalition zeichnet sich ein handfester Streit über die Verteilung der Steuermehreinnahmen ab

Berlin - Der Gefechtslärm um die Erbschaftsteuer ist nicht verklungen, da kündigt sich das nächste Ungemach an: der Streit um die Verwendung der Steuereinnahmen, die infolge der guten Konjunktur 2008 höher ausfallen werden, als Bundesfinanzminister Peer Steinbrück veranschlagt hat. Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Haushaltsexperten und der Fraktionsspitze der Union über die Verwendung der Mittel verständigt. Das Dementi folgte umgehend; der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg verwies darauf, dass die Koalition erst nach der Steuerschätzung Mitte Mai entscheiden werde. Es bleibe dabei, dass für die Bundesregierung dabei die Haushaltskonsolidierung und die Verringerung der Neuverschuldung „absolut im Vordergrund“ stünden.

Allerdings gebe es einige Themen, bei denen die Regierung „Akzente setzen“ wolle. Steg nannte acht: Ausbau der Krippenbetreuung, Bildung und Forschung, Teilfinanzierung von Gesundheitskosten, Arbeitsmarkt, Verteidigung, innere Sicherheit, Pflegeversicherung, Entwicklungskosten.

Das ist die Wunschliste aller Ministerien, die zusätzliche Mittel aus dem Steuersegen fordern, vier von der SPD, vier von der Union geführt. Nach dem Bericht des „Handelsblatts“ liefe die Vorverständigung von Kanzlerin und Unionsfraktion darauf hinaus, dass zwei Drittel der Mehreinnahmen für den Schuldenabbau, einDrittel für Zusatzausgaben verwandt werden sollten, die allerdings nur an CDU-Ministerien gingen: Verteidigung, Inneres, Familie, Bildung.

Das sei „wieder einmal der Versuch, Salz in die Wunden zu streuen“, sagte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler dem Tagesspiegel. Er gehe aber davon aus, dass das Dementi der Kanzlerin gelte. „Denn über den Haushalt wird gemeinsam entschieden, von beiden Koalitionspartnern. Jeder kann Wünsche äußern. Aber auch die Union wird die Mehrheitsverhältnisse und die Realität akzeptieren müssen.“ Der für Finanzen zuständige SPD-Fraktionsvize Joachim Poß stellte klar, dass „eine einseitige Bevorzugung von CDU-Ministerien mit der SPD nicht zu machen“ sei. „Das ist keine geradlinige, das ist unehrliche Politik“, sagte Poß der „Frankfurter Rundschau“. Offiziell lasse die Kanzlerin verlauten, übergeordnetes Ziel sei ein ausgeglichener Haushalt. Aber im Hinterzimmer würden „von Frau Merkel und den maßgeblichen Leuten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Mehrbelastungen in Milliardenhöhe festgelegt“.

Die Haushaltsgespräche über die Verteilung der zusätzlichen Mittel werden im Mai zwischen dem Finanzminister und den Ministerien geführt. Steg wies darauf hin, dass die Ressorts im Vorfeld generell versuchten, ihre Maximalpositionen deutlich zu machen.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann kritisierte das Konzept von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, beim Ausbau der Krippenbetreuung den Bund nur an den Investitionskosten, nicht aber an den Betriebskosten zu beteiligen. „Ankündigungsministerin“ von der Leyen lasse sich feiern, doch Länder und Kommunen könnten ohne finanzielle Hilfe die dringend benötigten Plätze nicht schaffen. Die Union betreibe „ein gemeines Doppelspiel auf dem Rücken der Kinder“, sagte Dieckmann.

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