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Ypsilanti

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Gescheiterte Machtübernahme: Ypsilanti: Von Wortbruch und Schiffbruch

Andrea Ypsilanti ist in Hessen gescheitert, bevor sie überhaupt zur Wahl stand - an ihrem dilettantischen Konzept, sagen die Kritiker. Die Gescheiterte reagiert erst einmal trotzig auf die Mäkeleien - und hofft darauf, Roland Koch schon irgendwie zu zermürben.

Vom Wortbruch zum Schiffbruch brauchte Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti ganze drei Tage: Am Dienstag verkündete sie ihre Absicht, mit Hilfe der vor der Landtagswahl verschmähten Linken die Macht zu übernehmen. Am Freitag muss sie den Plan schon wieder abblasen - noch bevor sie mit der Verwirklichung überhaupt begonnen hat. Die SPD-Landesvorsitzende hatte die Rechnung ohne die Darmstädter Abgeordnete Dagmar Metzger gemacht, die für eine Zusammenarbeit mit der Linken nicht die Hand heben mochte. Nun setzt Ypsilanti gegen CDU-Ministerpräsident Roland Koch auf Zermürbungstaktik. Zugleich gerät sie selbst intern unter Beschuss.

Selbst Parteifreunde, die Ypsilantis Schwenk zur Linken grundsätzlich befürworten, sprechen von "dilettantischer" Umsetzung: Die Vorsitzende habe es versäumt, die Kritiker bei so einer grundlegenden Neuausrichtung mitzunehmen, hieß es. In der Tat holte sich Ypsilanti die Rückversicherung für den Kurs auf eine mit Hilfe der Linken installierte rot-grünen Minderheitsregierung in einer Fraktionssitzung am Dienstag. Metzger nahm daran nicht teil - und niemand aus der Parteiführung dachte daran, die Urlauberin nach ihrer Zustimmung zu fragen.

Renitente Kritikerin

Ypsilanti verließ sich stattdessen auf die übliche Praxis, dass Kritiker entweder ihre Bedenken persönlich vorzubringen oder das in ihrer Abwesenheit Beschlossene später mittragen. "Alle haben gewusst, dass wir eine wichtige Entscheidung zu treffen hatten", sagte sie am Freitag trotzig - nach einem vergeblichen Krisengespräch mit der Parteigenossin, die sich weder umstimmen noch zum Mandatsverzicht bewegen ließ.

Zur Professionalität dieses Vorgehens mochte sich Grünen-Chef Tarek Al-Wazir anschließend lieber nicht äußern: "Ach Gott, die haben jetzt Probleme genug. Die brauchen nicht auch noch meine Ratschläge." Die Grünen jedenfalls hätten für ihre Stimmen garantieren können.

Metzger ist bei weitem nicht die einzige hessische Sozialdemokratin, die Ypsilantis Kurs für falsch hält. Schon vor Tagen hatte Vize-Fraktionschef Jürgen Walter davor gewarnt. Auch der Unterbezirk Main-Kinzig sprach sich gegen jede Zusammenarbeit mit der Linken aus und bestritt sogar den von Ypsilanti reklamierten Anspruch auf die Regierungsbildung. Am Freitag wandte sich der Kreisvorsitzende Stephan Wetzel in der "Frankfurter Rundschau" strikt gegen Ypsilantis Pläne, die Stunden nach Erscheinen des Blatts schon Vergangenheit waren.

Koch bleibt erst einmal im Amt

An Rücktritt will die Parteichefin nicht gedacht haben: "Nur weil ein Weg verbaut ist, muss man nicht gleich die Flinte ins Korn werfen." Allerdings hat Ypsilanti kaum noch Chancen, ihr Wahlergebnis vom 27. Januar in eine stabile Regierungsmehrheit zu verwandeln. Die hessische FDP - für viele Sozialdemokraten der bevorzugte Partner neben den Grünen - hat sich dem Werben um eine Ampelkoalition bislang standhaft widersetzt. Die Freidemokraten lassen keine Bereitschaft erkennen, davon abzurücken. Einer großen Koalition steht entgegen, dass die SPD der CDU nicht die Führung überlassen will - obwohl die Union bei der Wahl rund 3500 Stimmen mehr holte.

Die Folge ist, dass Koch auf unbestimmte Zeit geschäftsführend im Amt bleibt und Ypsilanti ihn von den Abgeordnetenrängen aus unter Druck zu setzen versucht - indem sie einzelne Programmpunkte der SPD per Antrag zur Abstimmung stellt. Bei Vorhaben wie der Abschaffung der Studiengebühren kann sie auf Linke und Grüne zählen - und auch auf Dagmar Metzger: Selbstverständlich werde sie Anträge der eigenen Partei unterstützen, selbst wenn die Linke zustimme, sagte sie am Freitag.

Wolfgang Harms[dpa]

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