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Politik: Geschmacksfrage

Österreichs Kanzler speist in Hamburg – die Opposition ärgert das

Hamburgs Gesellschaft zieht die Augenbrauen hoch: Der Senat aus CDU, Schill-Partei und FDP hat ausgerechnet Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als Ehrengast der traditionellen Matthiae-Mahlzeit im Februar 2004 eingeladen. Schüssel ist wegen seiner Koalition mit dem Rechtspopulisten Jörg Haider umstritten – Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust wegen seiner Allianz mit der Schill-Partei. Ein Hauch von Opernball weht durch die Hansestadt.

Hamburgs Oppositionsparteien zeigen wenig Vorfreude auf den Ehrengast aus Wien: „Herr von Beust lädt mit Herrn Schüssel jemanden ein, mit dem er viel gemeinsam hat: Beide sind nur mit Hilfe eines unberechenbaren Rechtspopulisten an die Macht gekommen. Und beide haben damit den Ruf ihres Landes beziehungsweise. ihrer Stadt beschädigt“, sagt Christa Goetsch, Fraktionsvorsitzende der Grün-Alternativen Liste (GAL) in der Bürgerschaft. Und Holger Christier, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und in seiner Fraktion als Österreich-Kenner und Wien-Liebhaber bekannt, sagt zu der Einladung Schüssels: „Es ist schon befremdlich, das altehrwürdige Matthiae-Mahl zu einem Jahrestreffen der Populismus-Profiteure Beust und Schüssel zu machen." Von Beust hatte jüngst den Rechtspopulisten Ronald Schill wegen angeblich erpresserischer Äußerungen über eine angebliche Beziehung des Bürgermeisters zu seinem Justizsenator aus dem Senat entlassen. Hamburgs CDU hofft seitdem auf den „Schüssel-Effekt“ – in Österreich hatte der konservative Politiker von dem Niedergang der rechtspopulistischen FPÖ profitiert. Im Jahr 2000 hatte die EU gegen die Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten in Österreich Sanktionen ergriffen, später aber wieder aufgehoben.

Die Matthiae-Mahlzeit gilt als das älteste Festmahl der Welt. Ihre Anfänge reichen bis in das Jahr 1356 zurück. Um den Vertretern der „Hamburg freundlich gesonnenen Mächte“ etwas Gutes zu tun, deckte der Senat „auf des Rates Tische den fremden Ministern ein Messer auf“. Dies war ein Zeichen besonderer Wertschätzung, denn im Mittelalter speiste man sonst ohne Besteck. Den rund 400 Gästen wird im Laufe des Abends ein mehrgängiges Menü serviert. Dazu erklingt die eigens für die Hamburger Matthiae-Mahlzeit komponierte Tafelmusik von Georg Philipp Telemann.

Günter Beling[Hamburg]

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