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Bisher müssen Beamte die Kosten selbst übernehmen.

© DPA

Gesetzliche Kassen werden attraktiver: Mehrere Bundesländer zahlen Beamten bald Zuschüsse

Gesetzliche Kassen sind für Beamte bisher unverhältnismäßig teuer. Brandenburg, Thüringen und Bremen ändern das ab 2020. Und auch Berlin will Zuschüsse zahlen.

Hamburg hat es vorgemacht, nun ziehen Brandenburg, Thüringen und Bremen nach. In allen drei Ländern sollen Beamte vom nächsten Jahr an ebenfalls nicht mehr finanziell benachteiligt werden, wenn sie sich gesetzlich statt privat krankenversichern. Auf Antrag bekommen sie dort ab 2020 ihre Versicherungsbeiträge wie Angestellte zur Hälfte bezuschusst.

Und auch in Berlin sollen gesetzlich versicherte Beamte bald eine „pauschale Beihilfe“ erhalten. Die Bestrebungen und der Wille seien da, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen dem Tagesspiegel. Man arbeite an einem Konzept, das die Hamburger Erfahrungen berücksichtige. An diesem Dienstag beschäftigt sich der Senat damit.

Bisher können sich Beamte zwar gesetzlich absichern, sie müssen die Kosten dafür aber alleine tragen. In der privaten Krankenversicherung (PKV) dagegen werden ihnen ihre Behandlungskosten über die sogenannte Beihilfe mit mindestens 50 Prozent bezuschusst.

Das macht gesetzliche Kassen für Beamte unverhältnismäßig teuer – und dadurch zum eher seltenen Notbehelf für chronisch Kranke oder Kinderreiche, die von Privatanbietern besonders stark zur Kasse gebeten würden. Nur in Hamburg ist das inzwischen anders. Dort haben Landesbeamte bei der Krankenversicherung seit Mitte 2018 echte Wahlfreiheit.

Ein Vorstoß mit Signalwirkung. Im rot-rot regierten Brandenburg fiel der Beschluss, es der Hansestadt nachzutun, bereits im Dezember 2018. In Thüringen (Rot-Rot-Grün) und Bremen (Rot-Grün) wurden die Weichen in der vergangenen Woche gestellt. Dabei handle es sich um „eine Frage der Gerechtigkeit“, argumentiert die thüringische Finanzministerin Heike Taubert (SPD). Man unterstütze damit vor allem junge Familien im öffentlichen Dienst und steigere so die Attraktivität der öffentlichen Verwaltung als Arbeitgeber, sagt ein Sprecher. Schließlich könne der gesetzliche Schutz für Beamte in unteren Besoldungsgruppen durchaus günstiger sein – vor allem, wenn Kinder mitversichert werden müssten.

Ähnlich wird in Bremen argumentiert. „Mit der vorgeschlagenen Änderung unterstreicht der Senat als Arbeitgeber seine Neutralität gegenüber den Krankenversicherungssystemen“, heißt es dort. Gleichzeitig will sich die dortige Finanzsenatorin Karoline Linnert eine politische Positionierung nicht verkneifen. „Wir stärken damit die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung“, sagt die Grünen-Politikerin.

Man schließe eine Gerechtigkeitslücke, lautet die Begründung auch in Brandenburg. 4000 der rund 34.000 Landesbeamten dort sind schon jetzt freiwillig gesetzlich versichert. Sie werden zum Jahreswechsel spürbar entlastet. In Bremen profitieren nach aktuellem Stand exakt 1644 gesetzlich Versicherte von der Neuregelung – das ist jeder achte der rund 13.000 Beamten in Land und Stadtgemeinde. In Thüringen sind es nur etwa 1000 von 30.000 Landesbeamten.

In Hamburg wechselten besonders untere Besoldungsgruppen

Dazu kommen dann die Berufsanfänger. Wie viele sich für die finanziell attraktiver gewordene gesetzliche Absicherung und gegen die PKV entschieden, lasse sich schwer prognostizieren, heißt es im Brandenburger Finanzministerium. Allerdings gibt es Anhaltspunkte aus Hamburg. Seit der Neuregelung vom August 2018 hätten dort mehr als 1000 Beamte eine gesetzliche Absicherung gewählt, berichtete Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) vor kurzem.

Die Zahlen zeigten, „dass es einen großen Bedarf für eine solche Regelung gibt“. Der lässt sich vor allem für die unteren Besoldungsgruppen belegen. In Hamburgs allgemeinem Verwaltungsdienst entschied sich nach der Änderung fast die Hälfte aller neuen Beamten für einen gesetzlichen Versicherungsschutz. Im höheren Dienst war die Quote deutlich niedriger. Auch unter Lehrern betrug sie bisher nur 20 Prozent.

Die Umstellung kostet natürlich. In Bremen beziffert man den finanziellen Aufwand für die neue Wahlfreiheit auf 4,6 Millionen Euro pro Jahr. Thüringen geht von 2,5 Millionen Euro aus. Im Gegenzug sei aber „mit erheblichen Einsparungen zu rechnen“, wenn die künftigen gesetzlich abgesicherten Beamten in den Ruhestand träten, betont der Sprecher in Erfurt. Dadurch sei langfristig wohl mit Kostenneutralität zu rechnen.

Die PKV beobachtet die Entwicklung mit Bauchgrimmen. Es ist sei „kein Zufall“, dass die Protagonisten des Hamburger Modells dem (rot-)rot-grünen Lager zuzurechnen seien, heißt es dort. Grünen, Linken und der SPD sei die Sonderstellung der Beamten bei der Krankenversicherung „seit langem ein Dorn im Auge“.

Beamte bilden das Rückgrat der privaten Krankenversicherer

Die Beamten bilden das Rückgrat der privaten Krankenversicherer, ohne sie könnte ihr System ins Trudeln kommen. Von rund 8,8 Millionen Vollversicherten der PKV waren Ende 2017 knapp die Hälfte beihilfeberechtigt, also Beamte oder deren Familienangehörige.
Für die Länder ist die Beihilfe zur privaten Krankenbehandlung hingegen eine stetig wachsende Belastung. In Thüringen etwa lagen die Beihilfekosten 2018 bei rund 97,6 Millionen Euro. Für 2020 geht das Ministerium bereits von 124 Millionen aus – was auf höhere Gesundheitsausgaben, ein gestiegenes Durchschnittsalter der Beamten, aber auch auf die gestiegene Zahl verbeamteter Lehrer zurückzuführen ist. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 war Thüringen bei der Beamtenbeihilfe noch mit 47 Millionen Euro ausgekommen. Im etwas bevölkerungsreicheren Brandenburg betrugen die Beihilfeausgaben im vergangenen Jahr ebenfalls rund 98 Millionen Euro.

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