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Flughafenattentäter. Das Urteil gegen Arid U. soll im Januar gefällt werden.

© dpa

Geständnis unter Tränen: Prozessbeginn gegen Islamisten wegen tödlichen Anschlags auf US-Soldaten

Der 21-jährige Flughafenattentäter steht wegen Mordes an zwei US-Soldaten vor Gericht. Ein via Facebook verbreitetes, vermeintliches Vergewaltigungsvideo soll Auslöser für die Tat gewesen sein.

Von Frank Jansen

Er ist schmächtig, das weiße Hemd hängt lässig über der Jeans, die Ärmel sind hochgekrempelt. Das Gesicht ist glatt rasiert, die schwarzen Haare sind akkurat frisiert – Arid U. sieht aus wie ein Junge vom Schulhof. Das soll der Mann sein, der wie ein eiskalter Killer zwei US-Soldaten mit Kopfschüssen getötet hat? Der als erster Islamist in der Geschichte der Bundesrepublik, zumal als Einzeltäter, einen Anschlag zum blutigen Ende brachte? Er ist es. Auch wenn der 21-jährige Kosovare äußerlich ganz anders wirkt als die meisten Dschihadisten, die Deutschland angreifen wollten und dafür vor Gericht gestellt wurden, ändert sich nichts an seiner Schuld.

Die gibt Arid U. auch zu. „Ich wollte die Menschen töten“, sagt er leise, „an dem Tag habe ich wirklich gedacht, dass ich das tun muss“. Später sei ihm jedoch klar geworden, dass seine Tat „totaler Schwachsinn ist“. Für die Opfer kam die Einsicht zu spät.

So hat am Mittwoch am Oberlandesgericht Frankfurt am Main der Prozess gegen den Mann begonnen, der Deutschland und den USA einen Schock versetzt hat. Am Nachmittag des 2. März lauert er am Frankfurter Flughafen einer Gruppe junger US-Soldaten auf, die in einen Bus steigen. Arid U. schießt mit seiner Pistole erst Nicholas Jerome Alden, der noch vor dem Fahrzeug steht, von hinten in den Kopf. Alden stirbt am Tatort. Im Armeebus tötet Arid U., auch mit einem gezielten Kopfschuss, den Fahrer Zachary Ryan Cuddeback. Dann feuert der Islamist auf Kopf und Oberkörper des Soldaten Edgar Miguel Veguilla. Der Amerikaner überlebt schwer verletzt. Arid U. geht weiter und schießt auf Kristoffer Paul Schneider. Der Soldat kommt nur knapp mit dem Leben davon. Er ist inzwischen auf dem rechten Auge erblindet.

Arid U. gibt erst auf, als seine Waffe streikt. Der Soldat Trevor Donald Brewer, der gerade noch in die Mündung geschaut hat, springt hoch und verfolgt den ins Flughafengebäude flüchtenden Täter. Zwei Bundespolizisten gelingt es, Arid U. zu überwältigen. Zuvor hat er die Beamten mit einem Messer bedroht.

„Heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen“ habe Arid U. zwei Menschen getötet, trägt Bundesanwalt Herbert Diemer aus der Anklage vor. Als Tatmotiv nennt Diemer den Willen zur Vergeltung für den Militäreinsatz der USA in Afghanistan, der von U. „aus seiner radikal-islamistischen Sichtweise als unerträglich empfunden wurde“. Außer Mord wirft die Bundesanwaltschaft dem Angeklagten auch versuchten Mord sowie schwere und gefährliche Körperverletzung vor.

Vor dem 5. Strafsenat sagt Arid U., er könne sich nur an den ersten Schuss erinnern, „in die Richtung“ des Soldaten Alden. Was weiter geschah, auch dass er im Bus „Allahu akbar“ gerufen haben soll, weiß er angeblich nicht mehr. Was ihn zur Tat getrieben hat, kann Arid U. jedoch schildern. Unter Tränen und mit stockender Stimme gesteht er, auf ein islamistisches Propagandavideo hereingefallen zu sein, das er sich am Abend vor der Tat ansah. Über Facebook war er an einen Film gekommen, der angeblich die Vergewaltigung einer muslimischen Frau durch einen amerikanischen Soldaten zeigt. Vor und nach der Szene hetzen Islamisten.

Heute weiß Arid U., dass die Vergewaltigung nicht stattgefunden hat, sondern aus einem Spielfilm ins Video hineingeschnitten wurde. „Ich habe den Wahrheitsgehalt nicht in Zweifel gezogen.“ Er weint wieder. Am nächsten Tag fuhr Arid U., weiter aufgeputscht mit dschihadistischen Kriegsgesängen vom iPod, zum Flughafen. Von seiner Arbeit dort bei der Post wusste er, dass dort häufig US-Soldaten ankommen. Arid U. sagt, er habe weitere Vergewaltigungen durch Amerikaner verhindern wollen.

Die Richter sind nur mäßig beeindruckt. Arid U. reagiert verstockt und beantwortet mehrere Fragen nicht. Der Prozess soll, so plant es der Senat, im kommenden Januar enden.

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