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Politik: Gestern zählt nicht

Auch die jungen Linken in der SPD sind gegen Oskar Lafontaines Rückkehr – und er selbst empfindet den Streit um seine Person als kulturlos

Von Matthias Meisner

Von Markus Feldenkirchen

und Matthias Meisner

Oskar Lafontaine ist enttäuscht von seinen Parteifreunden. Eine giftige Bemerkung zu Franz Müntefering und Olaf Scholz, die sich so vehement gegen ein mögliches Comeback von ihm in der Bundespolitik ausgesprochen haben, will sich der ehemalige SPD-Chef deshalb nicht verkneifen. Dem Tagesspiegel sagt er: „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, seinen Mangel an Kultur zu beweisen. Ich gehe nicht auf dieses Niveau.“

Ob er nun tatsächlich an eine Rückkehr in die Bundespolitik denkt, wie es ihm und seiner Partei der stellvertretende SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler nahe gelegt hat, sagt Lafontaine nicht. Doch immerhin kann er wissen, dass selbst im linken Lager der Partei nicht alle begeistert sind von der Idee, ihn wieder auf die bundespolitische Bühne zu holen. „Lafontaine steht komplett isoliert da, selbst innerhalb der Linken“, heißt es hinter vorgehaltener linker Hand. Dass nur der für seine kessen Thesen bekannte Stiegler den Steigbügel für Lafontaines Comeback im Bund halten will, verwundert die Linke nicht. „Andere werden dies auch nicht machen“, heißt es. Auch der ewig linke Saarländer Ottmar Schreiner nicht. Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) hält es zwar für „nützlich“, wenn sich Lafontaine im Saarland tatsächlich für die SPD im Wahlkampf einsetzen wolle („Der Oskar sieht sich da in der Pflicht“), aber über eine Rückkehr in die Bundespolitik will auch Schreiner lieber nicht laut reden.

Wie der AfA-Vorsitzende hält auch die frühere Juso-Chefin und Partei-Linke Andrea Nahles den neuen Wirbel um Lafontaine für eine „rein innersaarländische Angelegenheit“. Soll heißen: selbst wenn der dortige Landesvorsitzende Heiko Maas ihn ein bisschen im Wahlkampf mitmachen lässt – eine Rückkehr des geflüchteten Sohnes in die Bundespolitik wünscht sich niemand. Auch der aktuelle Juso-Chef Niels Annen nicht, zu dem Lafontaine wie zu vielen Parteilinken nach einem Disput über den angeblich zu regierungsfreundlichen Kurs der Jungsozialisten längst den Kontakt abgebrochen hat. Selbstverständlich stehe Lafontaine „für eine ganze Reihe von Inhalten, die wichtig sind“, sagt Annen, hörbar um freundliche Worte bemüht. „Das hat nichts mit Sentimentalität zu tun.“ Doch auf die Frage, ob der Ex-Vorsitzende deshalb die Chance für ein Comeback im Bund bekommen soll, bleibt Annen sehr zurückhaltend. Mehr als die „saarländische Lokalpolitik“ soll für den Ex-Vorsitzenden nicht drin sein. Und ob er dort Erfolg habe, „hängt von ihm selbst ab“.

Er jedenfalls, sagt Annen, habe nicht vergessen, wie Lafontaine 1999 kurz nach der von Rot-Grün gewonnenen Bundestagswahl „die Flinte ins Korn geworfen“ habe. Und auch danach habe sich Lafontaine „nicht wirklich solidarisch verhalten“. Häufig habe der Ex-Vorsitzende „die Partei in einer Art und Weise kritisiert, die uns als Linken nicht weitergeholfen hat“.

Das Gerede über Lafontaines Zukunft hat also keineswegs das Potenzial, die SPD zu spalten. Zu einig sind sich Traditionalisten, Rechte und Linke in der Partei, dass das parteischädigende Verhalten des einstigen Hoffnungsträgers unverzeihlich ist. Mag der Ruf der Basis nach Lafontaine auch lauter werden – die Bereitschaft, diesem Ruf zu folgen, ist nahe Null. „Wir sollte ihm die Tür nicht zuschlagen“, hatte Stiegler mit Blick auf Lafontaine gefordert. Die Wahrnehmung der Partei ist eine andere: dass Lafontaine selbst diese Tür fest verriegelt hat.

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