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Politik: Gesucht wird: Ein Ausweg aus der Krise

Nach langer Debatte gelingt dem polnischen Parlament am Freitag doch noch die nötige Selbstauflösung

Um 21 Uhr 43 am Freitagabend war der Spuk vorbei. Mehr als zwölf Stunden lang hatten sich die Abgeordneten im polnischen Parlament gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht, wer für das Scheitern der Regierung Verantwortung trage. Dann schritten sie endlich zur Abstimmung. 377 der 460 Parlamentarier votierten für die Auflösung des Parlaments, 54 stimmten dagegen. Das bedeutete das Ende der von Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski geführten Regierung. Nun ist der Weg frei für Neuwahlen, die frühestens am 21. Oktober stattfinden sollen. Während der Debatte taten sich noch einmal die tiefen Gräben zwischen den Fraktionen auf. Der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ wurde von der Opposition vorgeworfen, einen Überwachungsstaat aufgebaut zu haben. Deren Vertreter erklärten dagegen, dass im Kampf gegen die Korruption harte Mittel erlaubt seien.

Seit dem Bruch mit der radikalen Bauernpartei und der nationalistischen Liga Polnischer Familien vor einigen Wochen hatte Premier Kaczynski ohne parlamentarische Mehrheit regiert. Hintergrund der politischen Krise in Polen sind Korruptionsvorwürfe, die im Juli zur Entlassung von Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper, des Vorsitzenden der Bauernpartei, geführt hatten. Doch konnte der Premier auch in den eigenen Reihen nicht für Ruhe sorgen, „Recht und Gerechtigkeit“ machte vor allem durch Skandale von sich reden. Höhepunkt der Krise war die Entlassung und dann die spektakuläre Verhaftung von Innenminister Janusz Kaczmarek. Ihm wurde vorgeworfen, ein laufendes Antikorruptionsverfahren behindert zu haben. Doch ein Gericht hat inzwischen geurteilt, dass die Festnahme des Politikers, der sich wieder auf freiem Fuß befindet, nicht rechtmäßig war. Die Verhaftung sei grundlos gewesen und habe möglicherweise „einem anderen Ziel als der Strafverfolgung dienen sollen“, erklärte ein Richter. Das ist ein schwerer Vorwurf an die Adresse von Kaczynski, der mit der Verhaftung demonstrieren wollte, dass seine Regierung auch die Korruption auf höchster Ebene bekämpfe.

Dass der Wahlkampf längst begonnen hat, zeigte die hektische Betriebsamkeit des Parlaments in den Tagen vor der Auflösung. In letzter Sekunde wurden noch einmal Gesetze verabschiedet, die verschiedenen Gesellschaftsgruppen Vorteile zusichern. Bereits Ende August hatte die Regierung höhere Bezüge für Staatsbedienstete und einen Anstieg des Mindestlohns angekündigt. Mit den Stimmen der Opposition wurde diese Woche dann ein Gesetz verabschiedet, das Familien Steuererleichterungen verspricht. Wer das alles bezahlen soll, war den Abgeordneten egal. Im Finanzministerium hofft man inzwischen, dass der Senat die milliardenschweren Wahlgeschenke zumindest teilweise wieder zurück nimmt.

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