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Politik: Gesundheit: FDP verteidigt Privatkassen

Berlin - Die Möglichkeit einer Annäherung von Union und SPD in der Gesundheitspolitik wird in der Opposition mit Skepsis betrachtet. „Hier droht ein fauler Kompromiss, ein großer Wurf wird wohl nicht herauskommen“, sagte der FDP-Gesundheitspolitiker Heinz Lanfermann dem Tagesspiegel.

Berlin - Die Möglichkeit einer Annäherung von Union und SPD in der Gesundheitspolitik wird in der Opposition mit Skepsis betrachtet. „Hier droht ein fauler Kompromiss, ein großer Wurf wird wohl nicht herauskommen“, sagte der FDP-Gesundheitspolitiker Heinz Lanfermann dem Tagesspiegel. Auch der Grünen-Abgeordnete Harald Terpe sieht derzeit nicht, dass sich die beiden Regierungsparteien auf ein gemeinsames Modell verständigen könnten. Zuvor hatte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Annette Widmann-Mauz, durchblicken lassen, dass ihre Partei bereit ist, bei einer großen Gesundheitsreform auch die privaten Krankenkassen in ein neues System zu integrieren. Dies sieht auch das SPD-Modell einer einheitlichen Bürgerversicherung für alle vor.

„Was Frau Widmann-Mauz sagt, ist widersprüchlich“, sagte Lanfermann. Einerseits wolle sie die Privaten einbeziehen, andererseits sollen die Privatkassen bestehen bleiben. Zudem zeigte sich der FDP-Politiker skeptisch, was die Akzeptanz der von der Union gewünschten Bürgerprämie bei der SPD angeht. SPD-Gesundheitsfachmann Karl Lauterbach hat diese Prämie bereits abgelehnt. Sie wäre unabhängig vom Einkommen, der Sozialausgleich würde nach diesem Modell über Steuern gestaltet. Die SPD will an einkommensabhängigen Beiträgen festhalten. Die Prämie – im Gespräch sind oft 170 Euro pro Kopf im Monat – ist Teil des Kompromissmodells, das das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorschlägt und das Pläne von Union und SPD verbindet.

Lanfermann sagte, eine Einbeziehung der Privatkassen dürfe nicht dazu dienen, dem „maroden System der gesetzlichen Krankenversicherung eine neue Geldquelle zu erschließen“. Das System der Privatkassen funktioniere im Gegensatz zur gesetzlichen Versicherung, deswegen sei es attraktiv und sollte daher zum Vorbild für die Reform gemacht werden. Ein neues Gesundheitssystem müsse für die Versicherten flexibler sein und mehr marktwirtschaftliche Elemente haben. „Die Bürger müssen mehr Wahlmöglichkeiten bekommen“, forderte Lanfermann. Er nannte Bonussysteme und mehr Wahlfreiheit bei der Eigenbeteiligung als Beispiele. Alle Kassen müssten die gleichen Rechte und Pflichten haben.

Zudem schlug Lanfermann vor, ein Erstattungssystem einzurichten, als den Versicherten Arztrechnungen auszustellen, um dadurch mehr Transparenz zu schaffen. „90 Prozent der Bürger wissen nicht, was die Leistungen tatsächlich kosten.“ Das Erstattungssystem funktioniere bei den Beamten bis zu den untersten Besoldungsgruppen. „Da stellt sich die Frage, warum es beim Rest der Bevölkerung nicht klappen soll.“ Lanfermann sprach sich wie Union und SPD für eine Steuerfinanzierung der Versicherung von Kindern aus. „Darüber hinaus dürfen aber keine Steuermittel in das Gesundheitssystem fließen“, fügte er hinzu.

Terpe lehnte das Prämienmodell ab und plädierte für das umlagenfinanzierte Bürgerversicherungsmodell der Grünen. „Wir müssen im solidarischen System Verbesserungen auf der Einnahmenseite erreichen“, sagte er. Eine stärkere Steuerfinanzierung der Gesundheitskosten sei zwar zu begrüßen, doch sei nicht klar, ob es in der Koalition dafür eine Mehrheit gebe. Gerade erst sei beschlossen worden, den Steuerzuschuss für die Krankenversicherung zu kürzen.

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