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Gesundheitsfonds: Rezept aus Bayern

Die CSU stellt den Gesundheitsfonds grundsätzlich infrage – dabei profitiert auch der Freistaat von der Reform.

Berlin - Im unionsinternen Streit über die Gesundheitspolitik gibt die CSU keine Ruhe. Zur Einstimmung auf die Vorstandsklausur in Kloster Banz am kommenden Freitag, bei der die Christsozialen ein eigenes Gesundheitskonzept präsentieren wollen, poltert Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder erneut gegen die große Schwester. „Es braucht einen grundlegenden Neuanfang“, sagte Söder der „Süddeutschen Zeitung“. Der gemeinsam beschlossene Gesundheitsfonds habe „keine Probleme gelöst, sondern nur neue geschaffen“. Alle Befürchtungen hätten sich bestätigt. Die Folgerung des Ministers und seines Parteivorsitzenden: „Der Fonds muss weg.“

In der CDU, deren Chefin sich selbst immer hinter den Fonds gestellt hat, können sie ihren Ärger kaum zurückhalten. Bis vor kurzem habe CSU-Chef Horst Seehofer verkündet, der Fonds werde „Wunder wirken“, sagte CDU-Experte Jens Spahn dem Tagesspiegel. „Ich wüsste nicht, was sich seither inhaltlich geändert haben sollte.“ Er sei jedenfalls „sehr gespannt auf die Substanz der Vorschläge aus Bayern, insbesondere was die bezahlbare flächendeckende Versorgung angeht“. Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erinnerte daran, dass die CSU der Reform zugestimmt habe und „an allen Entscheidungen beteiligt“ gewesen sei. Gleichzeitig betonte er, dass der Fonds mit den aktuellen Problemen in Sachen Ärztehonorare „nichts zu tun“ habe.

Intern begründet die CSU ihren Kurswechsel mit bayerischen Interessen. So würden die Ärzte im Freistaat, die aufgrund höherer Kasseneinnahmen bislang besser bezahlt wurden als etwa ihre Kollegen in Ostdeutschland, durch die Reform benachteiligt. Tatsächlich gehört es zu den Zielen der Reform, bestehende regionale Unterschiede abzubauen.

Doch auch Bayern profitiert von dem Fonds. Nach internen Berechnungen, die dieser Zeitung vorliegen, wird etwa die AOK Bayern, die 40 Prozent aller gesetzlich Versicherten im Freistaat bedient, 2009 rund 695 Millionen Euro mehr aus dem Gesundheitsfonds überwiesen bekommen, als sie noch 2008 ohne den Fonds erhielt. Damals lagen ihre Einnahmen bei 10,273 Milliarden, in diesem Jahr sind es geschätzte 10,968 Milliarden. Das bedeutet eine Steigerung um 6,8 Prozent – und 170 Euro mehr für jeden der 4,1 Millionen AOK-Versicherten in Bayern.

Hintergrund dafür ist die Regelung, dass Krankenkassen in Ländern mit bisher überdurchschnittlich hohen Beitragseinnahmen zusätzliches Geld aus dem Fonds erhalten. Damit sollen finanzielle Nachteile in der Übergangsphase abgefedert werden. In Bayern lag das Niveau 2008 um rund 0,1 Beitragssatzpunkte höher als im gesamtdeutschen Schnitt. Die Folge: Aus dem gesamten Ausgleichsbetrag von rund 759 Millionen Euro erhalten die bayerischen Krankenkassen allein 224 Millionen – das sind rund 30 Prozent der Ausgleichssumme für die finanziell bislang besser gestellten Länder.

Nach einer Simulation des Bewertungsausschusses fließen auch in Bayerns Arztpraxen mindestens 321 Millionen Euro mehr als 2007. Das entspräche einer Steigerung um 6,9 Prozent. 4,6 Prozent haben sich die Mediziner bereits im vergangenen Jahr genehmigt, bleibt für 2009 ein Honorarzuwachs von geschätzten 2,3 Prozent. Und hinzu kommen könnten noch weitere Millionen durch neue, unlimitiert abrechenbare Leistungen.

Von solchem Reformprofit ist in der CSU nicht die Rede. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt reagierte dennoch gelassen. In „Söders Einlassungen“ kämen „drei alte Bekannte“ vor, sagte sie: höhere Eigenbeteiligung, Leistungsausgrenzung und Vorkasse. Dass die keinem Patienten gefallen, muss sie nicht hinzufügen.

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