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Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, spricht bei einer Pressekonferenz über die Verbreitung des Coronavirus in Deutschland.

© Christophe Gateau/dpa

Gesundheitsminister Jens Spahn: „Wir befinden uns am Beginn einer Corona-Epidemie“

Der Berliner Senat rechnet mit Krankheitsfällen in der Hauptstadt. Gesundheitssenatorin Kalayci bezeichnet die Lage als hochdynamisch.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erwartet eine deutlich stärkere Verbreitung des Coronavirus hierzulande. „Wir befinden uns am Beginn einer Corona-Epidemie in Deutschland“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. „Die Infektionsketten sind teilweise – und das ist eine neue Qualität – nicht nachzuvollziehen.“ Vor diesem Hintergrund sei es fraglich, ob die bisherige Strategie zum Eingrenzen des Virus aufgehe.

Gemeinsam mit dem Innenministerium, den betroffenen Bundesländern und dem Robert-Koch-Institut richte man einen Krisenstab ein, sagte Spahn.

Die Minister der Länder habe er aufgefordert, ihre Landespandemiepläne in Kraft zu setzen und sich entsprechend auf eine Ausbreitung von Corona vorzubereiten. Ein Treffen mit den Länderkollegen sei für nächsten Mittwoch vereinbart.

Soldat der Flugbereitschaft infiziert

Das Virus war zuletzt neu bei vier Menschen in Nordrhein-Westfalen und vier Personen in Baden-Württemberg nachgewiesen worden. Am Mittwochabend bestätigte sich in Rheinland-Pfalz ein Verdachtsfall. Ein Soldat der Flugbereitschaft der Luftwaffe wurde positiv auf das Virus getestet, teilte die Bundeswehr mit.

Mit zehn Todes- und 400 Ansteckungsfällen ist Italien das europäische Corona-Zentrum, eine Reisewarnung gab das Auswärtige Amt aber nicht aus. Angesichts wachsender Sorge vor dem Virus wollte sich US-Präsident Donald Trump am Mittwoch um 24 Uhr mitteleuropäischer Zeit an die Öffentlichkeit wenden. Vorab warf Trump US-Medien vor, die Lage schlimmer darzustellen, als sie sei.

Berlin rechnet mit mehr Verdachtsfällen

In der deutschen Hauptstadt rechnen Ärzte und leitende Beamte mit mehr Verdachtsfällen in den nächsten Tagen – die Situation sei „hochdynamisch“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD): „Da die Pandemie nach der Entwicklung in Italien auch in Deutschland wahrscheinlicher geworden ist, müssen wir neue Maßnahmen ergreifen, um besonders gefährdete Teile der Bevölkerung zu schützen.“

Bis in die Nacht zu Donnerstag waren in Berlin 122 vage, sogenannte Abklärungsfälle bekannt, zu 16 davon lagen noch keine Testergebnisse vor. Alle anderen Fälle waren negativ.

Die Gesundheitsverwaltung empfiehlt Älteren und Vorerkrankten, sich gegen Keuchhusten und Pneumokokken impfen zu lassen, weil bei bereits geschwächten Lungenkranken besonders heftige Corona-Verläufe drohen. Menschen, die in den vergangenen zwei Wochen in den Risikogebieten waren und Symptome aufweisen, sollen zu Hause bleiben und das zuständige Gesundheitsamt anrufen: Der Amtsarzt entscheide dann über das weitere Vorgehen.

Der Senat teilte dazu mit: „Alle Kontaktaufnahmen sollten zuerst telefonisch stattfinden. Direkter Kontakt zu anderen Personen sollte vermieden werden.“ Die für die Praxen, in denen geimpft werden kann, zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) rät ihren Mitgliedern, möglicherweise betroffene Patienten zu Randzeiten in die Praxen zu bitten und die Betroffenen möglichst in einem separaten Raum warten zu lassen. Die KV empfiehlt den Praxen Schutzausrüstung einzusetzen. Im begründeten Verdachtsfall werden Betroffene in einer Klinik isoliert. Die Berliner Krankenhausgesellschaft teilte mit, Lieferengpässe mit Schutzausrüstung gebe es bisher nicht.

In China sind mehr als 2700 Menschen an dem Virus gestorben, mehr als 78.000 infizierten sich. Außerhalb Chinas wurden bislang 2800 Infizierte und 44 Todesfälle in 37 Ländern registriert.

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