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© dpa

Gesundheitspolitik: Rauferei unter Bayern

Im Streit um die Gesundheitspolitik gehen CSU-Politiker in München und Berlin offen aufeinander los

Berlin - Zunächst einmal ist es die übliche Rollenteilung: Wenn die CSU in München allzu heftig auf den Putz haut, muss ihre Landesgruppe in Berlin auf die Bremse. Wie sie das im jeweiligen Fall dann tut, hängt mit dem Grad ihres Genervtseins zusammen.

Diesmal scheinen die Berliner CSU- Realos von den Münchner Rambos besonders genervt zu sein. Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder solle sich mäßigen – und „konstruktiv aus München an der Gesundheitsdiskussion beteiligen“, schimpfte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller. „Wir müssen uns über das schlechte Erscheinungsbild der Koalition nicht wundern, wenn es immer wieder Angriffe aus den eigenen Reihen gibt.“

Die Kritik hätte von CDU oder FDP sein können. Aber der Streit in der Koalition wird immer heftiger – und Söder hatte ihn am Wochenende wieder ordentlich befeuert. Nicht genug, dass er die Gesundheitsprämie zum wiederholten Male als unbezahlbaren Unsinn brandmarkte, er zweifelte auch am Sinn der gemeinsam eingesetzten Regierungskommission. Deren Arbeit sei doch „so gut wie erledigt, bevor sie angefangen hat“, befand er.

Das war selbst manchem CSUler zu viel. Zwar halte man die Kopfpauschale „schlichtweg für unsolidarisch und nicht finanzierbar“, sagte Müller dem Tagesspiegel. Die Kommission aber sei notwendig. Schließlich müsse man „dringend gemeinsame Wege entwickeln, um dem unaufschiebbaren Reformbedarf nachzukommen, der sich aus dem demografischen Wandel ergibt“, sagte Müller. „Wir sind es der jungen Generation schuldig, die Finanzierung des Gesundheitssystems zukunftssicher zu gestalten.“

Auch Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) ging auf Distanz. Man habe die Kommission gemeinsam vereinbart, sagte er dem Tagesspiegel. „Nun warten wir darauf, dass sie ihre Arbeit aufnimmt und zu einem Ergebnis kommt.“ Die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung seien eine „tiefgehende strukturelle Herausforderung, die einer nachhaltigen Lösung durch die Regierungskommission bedarf“. Im Übrigen rate er in der Debatte um die Pauschale „zu großer Gelassenheit“. Solange konkrete Vorschläge zu Finanzierung und Sozialausgleich nicht vorlägen, sei „eine zugespitzte Diskussion darüber gar nicht nötig“.

Die FDP reagierte dennoch gereizt. Die CSU müsse endlich ihre öffentlichen Störfeuer aufgeben, verlangte FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Mit ihrer „wenig konstruktiven Haltung“ beschädige sie das Erscheinungsbild der Koalition und auch die Autorität von Kanzlerin Angela Merkel. Die Beschädigung komme von der FDP, hielt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sofort dagegen. Sie müsse „ihre ungeheuerlichen Rüpeleien sofort einstellen“ und dürfe „ihre Nervosität wegen der bevorstehenden NRW-Wahl nicht länger an der Koalition auslassen“.

Die SPD startete unterdessen ihre Unterschriftenkampagne gegen die Kopfpauschale – und freute sich über die Resonanz. Bis Montagmittag hätten 4664 Unterstützer unterzeichnet, obwohl „noch keine Werbung für die Aktion gemacht wurde“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Was mit Blick auf die CSU- Aktivitäten wohl nicht ganz richtig ist.

 Rainer Woratschka

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